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"Ach die erste Liebe"
Wolf Biermann & Eva-Maria Hagen - Ach die erste Liebe

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Ach die erste Liebe

(MP3)

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Wolf Biermann & Eva-Maria Hagen - Ach die erste Liebe

Die neue Schallplatte

Hervorragend

Wolf Biermann: „Die Weit ist schön aber der Titel geht in einer Fußnote weiter: „pardon; will sagen: ganz schön am Rand“. Darin erkennt man schon die Lust zum Widerspruch in einem Atemzug. Der Sänger ist lebensgeil und lebensmüd; ein Weib ist ihm zuviel, zwei sind ihm zuwenig; manches Blut ist für ihn kaltheiß, ein Freund traurigfroh, man hat einander lieb und gründlich satt. Das ganze erste Lied, aus dem der Titel stammt, hat eben dies zum Thema, und als täte es ihm leid, uns so zu narren, entschuldigt sich der Dichter in jedem Vers dafür: „Hab alles, was ich brauch – pardon: und bin in Not“; „ich mach den Helden – pardon, will sag’n: und bin ein Clown“; „ich hab euch lieb – pardon, will sag’n: ich halt euch aus“; „ich geh mit euch – pardon: ich bleib allein“. Schon in diesem Titellied, in dem seine Gitarre sich mit dem Bandoneon (von Klaus Gutjahr) freundlich-borstig verbindet, entfaltet sich der Künstler so, wie man es von ihm erwartet: als Dichter, Komponist, als Gitarrist und Sänger. Alle brauchen einander; sie sind eins, ein wunderbares Ein-Mann-Ensemble, in dem keiner den anderen vernachlässigt oder zu übertrumpfen sucht. Dann und wann bittet Biermann andere Musikanten, und das bedeutet: andere Farben für den Klang hinzu. Eva-Maria Hagen und Tine singen (und widerlegen den gern geübten Verdacht, das Einfachheit gleich Plattheit sei); der Geiger Jakob Lichtman gibt einem Lied des Russen Okudshava den eigenartigen Ton; dem Pianisten Lazar Zimmermann gelingt das Kunststück, die „Welken Blätter“ Jacques Préverts mit zärtlichen Dissonanzen zu einer Biermannschen Affäre zu machen, Der tritt mit vielen Regungen hervor; er ist zornig und verständnisvoll, resigniert, aber trotzig, er spottet und liebt, er ist eifersüchtig, einsichtsvoll und sarkastisch, traurig und albern, er ist „ohne alles Liebesgeleide“, vor allem ist er, was ihn rettet, lebenshungrig, ein „Menschentier“. Jedes seiner elf Stücke läßt natürlich einen inneren „Bau“ erkennen, eine dem Text angemessene, beim Vortrag musikalisch ausgekostete Dramatik. Keines dieser zwischen Gefühl und Intellekt balancierenden Liebeslieder eröffnet Wolf Biermanns Philosophie so schön wie das vom Herzen, welches alles besser wisse: „Und doch, mein Lieb, ich bleibe stur / voll rabenschwarzer Zuversicht – mein Herz weiß alles besser / und glaubt das Ende nicht / mein Herz weiß alles besser und glaubt die Wahrheit nicht.“ Nur, man muß das hören! Es gibt selten ein Textblatt mit so vielen persönlichen Anmerkungen und kaum eine Liebeslieder-Sammlung, die mich so bewegt und so belustig hat wie diese.

(EMI 1 C 066 24 0445 1)

Manfred Sack


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