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Aufzeichnungen von Unterwegs

August 1978

... Die meiste Zeit leben wir im Freien, am Meer, liegen im Felsen, haben alles reichlich. Die alte Baba in verwaschenen Kleidern, breitbeinig laufend, freundlich, schlau, an die 90 etwa, (sie sagt sie wäre 100 Jahre alt), versorgt den Haushalt. Ich sitze im Schatten.

Polen, Tschechen, Slowaken, Ungarn, Deutsche tummeln sich hier. Mein westdeutscher Pass, vielmehr die ›Valuta‹, verhalf uns blau-äugigen Kindern, die in der Hochsaison, dazu im schönsten Ort an der Schwarzmeerküste, ein Bett suchten, nach einigem Hin und Her zu dem Glück, hier endlich zusammen sein zu können.

Grad kommt mein Schatz mit dem Auto! (er kann herrlich lenken) vom Markt an der Straße nach Burgas, wo es Pfirsiche, Zuckermelonen und Honig gibt, ›reduzierte‹ Ware, mangelmäßiges. Vor den Läden Menschenschlangen; bekanntes Bild aus Ferienorten der DDR. Die Milch ist ausgegeben um 9 Uhr. Da muss einer früher aufstehn! Unterwegs Zigeuner mit Braunbär und Äffchen. Sie bewegen sich in der Landschaft stolz und scheu, gehören zum alltäglichen Bild. (...) Ich bin glücklich und sonnengebräunt.  Morgen kaufen wir für Wolf einen Dudelsack.

(...) Eines weiß ich: Kein Tag vergeht, wie man ihn sich vorgestellt hat. Der Schicksalsmacher schmeißt seine Lose nach Lust und Laune in die Herde: Knüppel, Bonbon, Pisspötte, Blütenregen ... Aber der Wille des Einzelnen hat ein Wörtchen mitzureden und Erfahrung. Die Liebe schützt sich, schirmt ab vor Schlägen, puppt sich ein. Der Glaube an die Macht des Wortes steht auf wackligen Füßen.

Heute ist Sonntag. Baden verboten. Auf dem Spirituskocher haben wir Handtücher und Weißwäsche ausgekocht. Auch einen Kessel Buntes. Hat Spaß gemacht. Auf der Leine flattern Männerhemden, meine BHs, süße Unterwäsche.

Da M. und ich gern allein sein wollen in der Nacht, wir aber nur ein Zimmer gekriegt hatten mit vier Schlafplätzen, schlief Andruscha meist im Auto. Das sieht bequem aus, lustig, heimelig – mit den verhangenen Fenstern gleich unter den unseren.

Nun kommt aber morgen Herr Schiffkopp, der hiesige Staatschef, da müssen alle Autos die Ortschaft räumen. Alle Ecken werden ausgefegt, die Gehsteige gescheuert. Wir bekamen Vorhänge für unsere Fenster, weil ich wegen der frühen Sonne den Bademantel vorgehängt hatte – und das sieht ja nach Zigeunerwirtschaft aus. Vor zehn Jahren noch gab es in der Gegend einige Tausend von dem Wandervolk. Jetzt sind kaum noch welche zu erblicken. Sie müssen das Gebiet am Schwarzen Meer weiträumig meiden wegen der Touristen, die für das Land die größte Einnahmequelle sind.

 

21. August 78.

Die Tschechen, die mit im Haus wohnen, bringen uns Sympathie entgegen wegen unserer Musikalität, sind jedoch reserviert ob unserer deutschen Herkunft – und unserer Vorliebe (...) für russische Lieder. – Zehn Jahre ist es her, seit der infamen, hinterhältigen Zerschlagung des ›Prager Frühlings‹. Wie waren wir damals aufgeblüht, hoffend auf einen menschenwürdigen Sozialismus. Und wiedermal gewann die Oberclique, ehemalige Revolutionäre, inzwischen Karrieristen, Opportunisten, Postenjäger, durch Vetternwirtschaft an die Macht gelangt – jedenfalls Feinde des Fortschritts: Konterrevolutionäre.

Heute flattert ein Millionenheer von Fahnen die Küste entlang. Lange Seidenschals: die Staatsflagge, aquarellfarben, durchsichtig. Daneben, präzise abgezirkelt, jeweils die des Großen Bruders, in sattem Rot, mit Hammer und Sichel. Die Geheimen, in weichem Nappaleder, Sonnenbrille, dicker Hüfte, westlich eingekleidet, mit Regenschirm – der Himmel hatte sich verdüstert und schüttete das Nass wie aus Melkeimern herab – in der wohlbekannten Manier der Auffällig-Unauffälligen, als wären sie Touristen, schielen in unsern Korb, ob nicht eine klitzekleine Bombe, selbstgebastelt, also endlich ein Erfolgserlebnis auftaucht. Nein, nichts damit.

Ein Volksfest wird abgezogen. Matrosenchöre marschieren auf, Volkstrachten drehen sich im Kreis, Orchester schmettern heroische Weisen. Aber der Herrscher aus Sofia denkt gar nicht dran, dem Pöbel die Ehre zu geben. Das Fußvolk wartet geduldig weiter.

 

22. 8. 78

Heute ist Freund Andy losgefahren. Vier Tage braucht er mit dem Trabant bis Berlin. Wir haben noch eine gute Woche für uns allein, dann fliegt mein Schatz in die sowjetische Hauptstadt und ich nach West-Germany.

Lese Th. Mann: Erzählungen, Essays. Verlag Progress Moskau – natürlich in deutscher Sprache. Wir haben gestern Bücher aufgetrieben, im Antiquariat: E.T.A. Hoffmann in einer wunderschönen Ausgabe, feines rosa Leder, polnische Lyrik, alle Büchner-Stücke.

(....) Heut ist das Meer ein Spiegel, klar bis auf den Muschelgrund. Matti springt aus den Felsen, taucht nach ... Schmetterlingen.

Für Maria! Heraufgeholt vom Schwarzmeergrund vom Tiefseegardetaucher M.G. ohne Alles: Maske, U-Boot, Hose, Flossen etc. aus 31,4 m Tiefe. Garantiert Muschel! Gesehen, geprüft, bestätigt. 23. VIII. 78 – Itschew Pitschew (bulgarischer Seemann)

 

24. 8. 78

Wir haben eine bulgarische Spezialität zubereitet. Das Rezept:

2 Auberginen, 6 hellgrünlängliche Paprikas, zwei rote runde, halbes Schnapsglas Weinessig, Salz, Öl, Knoblauch, 20 dicke Zehen – mit dem Mörser zu Creme zerstampfen – das andere auf Holzkohle garen lassen, Haut abziehen, Kerne von Paprikas entfernen, das Innere, Fruchtfleisch in Würfel schneiden, 1 Tomate  zu Brei rühren. Kalt servieren! Zu Fleisch, Brot, Reis. Hm!

Tropische Hitze. Wir suchen Schatten. Die Baba gab uns Hüte.

Von Th. Mann: Tonio Kröger, Tristan, Inge, o süße blonde Inge ... Amüsant, humorvoll, schmerzlich. Wie gut kann ich es verstehn. Hab beide Seiten, Naivität und todkalte Erkenntnis in mir vereint. Deshalb hab ich mir meine Traumwelt geschaffen (...)

Ingeborg Bachmann in der Dorfbibliothek aufgestöbert. Auch hier die Suchende, sich auf der Flucht Befindende. Erleichtert greife ich nach der anfaßbaren Hand neben mir; ist es doch das Glück in Person im wahrsten Sinne des Wortes: Geliebter und Liebender, gerstenblond, helläugig, sommerlind flimmernd, hoch von Gestalt, zwei milde Sonnen im Gesicht, eine Aura aus zärtlichem Geflecht um uns herstellend. Und wir lassen den Tag vergehn, nehmen nicht mehr vom Andern, als gut tut, daß stets ein wenig Hunger bleibt. Schlecht, aber gut, daß diese Nahrung nicht in Vorratskammern angelegt werden kann, Sehnsucht nach dem Königssohn bleibt. Manchmal kommen Ahnungen: Wird es wieder so lange dauern, bis wir ... Es wiederholt sich nichts. Auch sind wir erstmal gestärkt und wissen, daß wir ohne einander am Leben vorbeileben. (...)

 

26. 8. 78

Allen näheren und entfernteren Freunden in der DDR schreibe ich Ansichtskarten, male unser Glück aus. Sie sollen sich freuen und es weiter erzählen, damit diese Mistbonzen sich ärgern, die mich, als ich versuchte, meiner Heimat – es ging mir in erster Linie um meinen Liebsten – einen Besuch abzustatten, wegscheuchten mit Grinsfressen, sagten: ›Sie sind hier unerwünscht, Frau Hagen.‹

Warum fürchten sie sich nur so, mich reinzulassen. Als wäre ich eine Zeitzünderbombe, die Biermannsche Losungen versprengt. Aber sicher haben sie nicht ganz Unrecht: mein Name allein schon, das Auftauchen dieser abtrünnigen Person erst recht, wäre eine Provokation. Dabei bin ich nicht mehr und nicht weniger als ein aufrechter Mensch in weiblicher Gestalt ... bilde ich mir ein. (...)

 

M. ist vorhin auf den Berg geklettert, von wo aus man angeblich das Zigeunerlager sieht – und nur, um mir zu winken, sagt er. Ich hab mir die Augen ausgekuckt, ihn aber nicht gesehen. Jetzt beschimpft er mich dafür auf seine ganz spezielle Art (...)

 

In seiner Handschrift unsere heutige Mittagsspeise – von ihm selbst angefertigt: Große Aubergine in Scheiben geschnitten, gesalzen, in Mehl gewälzt, in heißes Öl gelegt, gebraten, gewendet – bis zum Knusperrand. Dazu zerstampfter Knoblauch, eingelegte Champignons – und möglicherweise Saure Milch rübergestrichen. M-m-m ... Dazu die Speise I –

(Rezept v. 23. VIII. 78)

Tarator, kalt: Yoghurt, geschnipselte grüne Gurke, Knoblauch (Mörser), tschut-tschut, Öl. Salz. Walnüsse. Kalt servieren!

Spitzgrüne Paprika auf Holzkohle gelegt bis zum Schwarzwerden. Haut ab, Kerne raus. Servieren mit Knoblauchcreme. (Salz, Öl)

Für Maria als Anregung: Fische einsalzen – mit Knoblauch einstreichen, nicht ausnehmen. In zwei Roste einklemmen – Holzkohlenfeuer. Fertig. – Schopska-Salat: Paprikagurketomate-tschut-tschut-Öl-Salz – geriebener Schafskäse. Melone.

Zum Nachtisch haben wir so gelacht – daß wir in Tränen badeten.

– M. übersetzt mir die schönen Lieder von Jana Bitschewskaja. Russische Balladen: ›Dunkler Traum‹: An so einem Abend war es. Im Halbschlaf, als würde mein Rappen sich aufbäumen. Es pfiffen böse Winde von Osten, rissen mir den schwarzen Hut vom Kopf. Was mag es bedeuten. Er konnte den Traum deuten: Dein Stolz wird gebrochen werden. (Das hätten sie wohl gern, meine Herren.)

 

27. 8.78

Der dritte Sonntag in Sosopol. Die Gischt schäumt hoch zu mir, besprengt mich zärtlich, manchmal derb. Grad ist Er eingeschlafen über diesem langweiligen Kriminalroman, liegt da wie eine gefällte Birke, ins vergilbte Braun alter Fotos getaucht: mein Geliebter.

Das Leben findet statt, als hätte es nie diese Verlorenheit gegeben.

In fünf Tagen ist Aufbruch. Ich freue mich wie ein Kind auf das  ... Herantragen der Steine fürs Fundamentlegen, dem Auspolstern vom Nest, in dem wir landen, wo für jeden eine Einflugschneise sein wird, freies Kommen und Gehen ein ungeschriebenes Gesetz. Wind durchlüftet die Segel, kraftvoll gleitet das Schiff Richtung (....)

 

11. Juli 79

Badenweiler. Nacht. Vor einer Woche lag ich im Schlafwagen auf der Herfahrt. Heut kann ich zum ersten Mal nicht schlafen. Wahrscheinlich zuviel Sonne abgekriegt. Auf dem Hochplauen im Gras gelegen zwischen schwärmenden Bienen, die Nektar aus Himbeerblüten holten. Im Ort gibt’s Waldhonig in Eimerchen; werd einen mitnehmen ins kühle Hamburg.

15. Juli 79

(...) Ehrenfriedhof Badenweiler. Hunderte von quadratischen Steinen, Namen, Geburtsgänge 1912-1930. Das Todesjahr von allen 1945. In einer Kapelle die Wände voller Namen. Zum Gedenken an die ›In fremder Erde ruhenden Helden‹. An der Mauer entlang Steine: die Gefallenen des Krieges 1914-1918.

Im Kulturzentrum ist eine Tschechow-Ausstellung. Da sind Fotos von ihm, wo er jung war, ein bildschöner Mensch mit Herz, Geist, Seele; auch der ältere Anton war interessant. Er ist hier gestorben.

Ein fischiger Kassierer oder Vize der Bank läuft mir nach. Betatscht meinen Arm, lädt mich ein zu einem ›Viertelchen‹, verfolgt mich mit seinem Mercedes-Sport, will mich hochfahren. Ich sag: ich lauf gern. Er macht mir Elogen: Wußt nicht, daß in dem Haus so Junge sind. Will meinen Beruf erraten: Lehrerin? (weil ich bei den Anthroposophen logiere). Nächstens schocke ich ihn, sag: Keine Bewegung! Das ist ein Überfall! Ich wette, der macht sich in die Hosen.

Arbeiter bauen eine neue Kuppel aufs Badehaus. Die Richtkrone baumelt bereits. Die Zimmerleute mit Säge, Hammer, Nägeln zwischen den Lippen, sind die reinsten Artisten. Einer ist darunter, der sieht aus wie auf alten Bildern, ein Adonis, athletischer Körper, bronzefarben, eine Augenweide. Langes Blondhaar, hat einen traurigen Clownsmund, in den er Metallstifte steckt, rausfischt und sie in Balken haut. Der wäre ein Typ für den Film: Arbeiter, dazu romantisch aussehend, originell, jugendlicher Held. Man sollte sich die Adresse geben lassen.                                                                                                               

Sonntag, 22. 7. 79

Mit dem Pfarrer P. spazieren gegangen. Er macht mir den Hof, klaut Süßkirschen für mich, langt bis in die Krone rein, trägt die von mir an der Friedhofsmauer aufgesammelten Alraunenwurzeln. Er ist schon sechzig, aber dafür schön übermütig, über zwei Meter groß, will mit mir in die Vogesen, wo es noch Stacheldraht und Schützengräben vom 1. Weltkrieg gibt. Heut war ganz klare Sicht. Man konnte die Vogesen sehen, den Rhein.

Der Pastor hat mir seine Telefon-Nummer im Wiesenhaus genannt: 1256. Falls ich nachts nicht schlafen kann, soll ich ihn anrufen. Ab zwei ist er sowieso wach, liest in dem dicken Wälzer: Gibt es Gott? Wir lachen zusammen, gehen morgen gemeinsam ins Orgelkonzert.

Von Dr. Stankowski geträumt. Er will, daß ich ihm was vorsinge. Er sollte mir aus dem Weg gehn. Im Mittelalter wäre ich eine Hexe gewesen. Aber ich bin ein runtergefallner Engel. Gott ist stets anwesend. Falls nicht, geschieht Alles mit seiner erlauchten Billigung.

– Caroline Muhr, ›Freundinnen‹ gelesen, die Art Frauenprobleme waren mir unbekannt, zumindest die der Hausfrauen. Aber was das Grundsätzliche betrifft, Stellung und Bedeutung der Frau in der Gesellschaft: es nimmt sich nicht viel mit denen in der DDR. – Oh, wenn ich erst mal die Puppen tanzen lasse. Meine Fürsten und Proleten, Dunkelmänner, Spezies, Berufshelden, auf’n Tisch packe. Eines Tages mach ich das sicher. Muß lesen, Joyce, die Modernen, Beckett, Reich, Freud und Konsorten. Das gibt ein Sittengemälde! Vielleicht lasse ich sie auch in der Versen­kung; möcht mir  nichts versprechen, schreiben kostet Zeit; ich will spielen, singen.

Dr. H.  läßt sich von mir meine Träume erzählen, blickt ernst, schreibt ein Stichwort in die Kartei, schaut ins Traumbuch, sagt, ich solle beten, verordnet mir Kräuter, nennt mich eine Träumerin, weil ich zweimal den Termin versäumte. Es ist zum Piepen mit den Anthroposophen. Ich schockiere ihn, sag, ich glaub nicht an Gott und wenn, an einen, zu dem man nicht beten muß; es wär anmaßend, Vorschriften zu machen. Er nennt mich eine Träumerin, weil ich erzählte, einen Meter über dem Boden zu schweben.

Die Nacht durchtanzt, vergessen, nach seinem Namen zu fragen, denn: ›Oh Jimmy Joyce, you are my darling, you are my looking glass from night til morning. I’d rather have you without one farthing than Harry Nevall and his ass and garden‹. Genauso ist es: Du bist mein Spiegel von nachts bis morgens, lieber möcht ich dich ohne einen roten Heller als Harry Nevall samt Esel und Garten.

Pastor P. meine Lieder vorgesungen. Er war hingerissen, den Wein hat er verschmäht. Wir sind ins Phantasieren gekommen. Das ist schon was, sich stundenlang mit einem Pfarrer zu unterhalten.

Heute hab ich den Eurythmisten gekündigt. Ich sagte, ich weiß nicht was der Sinn ist. Die Zeit hier auf Erden dauert nicht ewig. Ich möcht lieber in der Natur rumspazieren. Er war schockiert, bot einen neuen Buchstaben an. Ich sagte einfach nein. Und daß ich mich auf einer anderen Ebene befände, in Regionen schwebte, die nicht für Jedermann zugänglich sind...

Ein Abend im Gesellschaftsraum des Sanatoriums mit Pastor P. Wir hatten ein belebendes Gespräch. In der Provence (Frankreich) soll es ein Kloster geben, wo man sich zurückziehen kann: meditieren, lesen. Er will mir die Adresse geben.Hab einen Liter Weißwein getrunken, was mir gut bekommen ist.

25. 7. 79

Zweite Fassung des Drehbuches gekriegt. Konzentrierter jetzt die Mutter-Sohn-Beziehung. Kann’s kaum erwarten. Bin leicht zittrig. War durch die Wälder gestreift, aufn Hochplauen gestiegen, 1127 Meter, glaubte, die höchste Tanne, das sei die Spitze. Dann war noch ein Berg, noch eine Serpentine. Hab Muskelkater im Po.

– Mister Messerschmidt hat 15 Tausend für den Film genehmigt. Ganz schön viel wenig für so eine Rolle ... 

Mein Pfarrer schenkte mir ein Büchlein: Pfarrers M. von Jung – Fröhliche Grablieder zur Laute, vergnüglicher Schwarzer Humor, damals ernst gemeint. Echte Balladen, mit einer Moral am Schluß.

GTB Gütersloher Taschenbücher, Kinderbriefe an den lieben Gott. Berliner Feministenkongreß, Gott als Frau. Aus der Sixtinischen Kapelle die Erschaffung Adams. Mariä Verkündigung: 25. März. Mariä Empfängnis: 8. Dezember. Mariä Himmelfahrt 15. August. Heilige Anna unbefleckte Empfängnis Mariä. Mariens frei von Erbsünde geboren. 1870 definiert worden. Jesaja, Kap. 7:

Eine Jungfrau wird ein Kind gebären. Lucas II. Weihnachtsgeschichte, Gegrüßet seist du Maria voll der Gnade, der Herr ist mit dir, du bist gebenedeit unter den Weibern und gebenedeit ist die Frucht deines Leibes. Jesus, heilige Maria Mutter Gottes, bitte für uns Sünder jetzt und in der Stunde unseres Todes. Amen.

(Hier fügte der Pfarrer an, das sei vermaledeite Abgötterei.)

Pfingsten: Pentekoste. 50 Tage nach dem Passahfest der Juden – (Ostern) haben in Jerusalem die Wände gewackelt. Die Apostel schlossen sich ein.

Petrus hatte stets das große Maul: Judas Ischarriot verleumdet ihn. Der Heilige Geist erscheint. Die Frauen unterm Kreuz haben ausgeharrt.

Maria Magdalena: Jesus Freundin. Namenstage feiern! Eva ist die Mutter alles Lebendigen, vor allem die von Catharina!

– Unterm Pflaumenbaum da war es ... Ich erhalte Vorträge über das Alte Testament, die Geschichte Israels, Palästina. Schade, daß ich morgen reise. Das findet Arthur, was der Pfarrer ist, auch.

Im Weingarten beim Schoppen Weißen, er gespritzt mit Wasser, philosophieren über Ehe, unterschiedliche Arten der Liebe. Er ist hingerissen von mir, will mir gern glauben, doch die Schrift sagt ... Aber er könnt sich in mich ›verknallen‹, sagt er. Und legt auf dem Heimweg seinen Handrücken in meine Innenhand. Nein, er braucht nicht fürchten, hoffen, daß ich ihn in Versuchung führe.

Ich war im Gottesdienst. Predigt über die Prediger: Sei nicht zu gerecht, zu weise, zu boshaft ... Für die Pharisäer war Jesus von Nazareth ein Abweichler. Adam gleich Mensch, der Rötliche. Abel, zweiter Sohn Adams und Evas. Baal: Göttertitel, Herr, Besitzer, später Götze, Ehemann. Benjamin, jüngster Sohn Jakobs (Joseph, der Mann der immer wieder auf die Füße fiel). Rechts: Glück, Süden. Vom Baum des Lebens essen: ewig leben.

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Berlin, 13. August 1979. Wie lange ist das nun schon wieder her, dieser unrühmliche Gedenktag. 18 Jahre: die Mauer ist erwachsen.  Und was für Schicksale haben sich in ihrem Schatten abgespielt – wo es um Leben und Tod ging, Zuchthaus für Ninas Freundin Tutu, das  junge Mädchen, mit ihrem Sohn Kai, im Kofferraum. Und auch ich habe eine Königskindergeschichte erlebt: "Der Jüngling ertrank so tief".

Das Rauschen der Großstadt dringt durch die Doppel-Fenster...

Fortsetzung demnächst.

       

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