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Aktenkundig

(1968)

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Berlin, 1. Januar 1968

26/BA/19/66/822-Hg

Vertrauliche Dienstsache !

Informationsbericht

Auszug aus einem - GI - Bericht vom 1. Januar 1968. 21.43 Uhr

Herr B u n g e meldet sich bei Eva-Maria Hagen. Beide wünschen sich alles Gute für das neue Jahr. Eva möchte wissen, wie sie in das neue Jahr gekommen sind. Herr Bunge teilt mit, daß sie bei P a r i s gewesen sind. Es waren sehr viel Leute dort, es war aber sehr lustig. Sie sind aber gegen 2.00 Uhr nach Hause gegangen. Herr Bunge erkundigt sich, wie sie in das neue Jahr gekommen ist. Eva antwortet, es war gedämpft. Sie waren im kleinsten Kreis zusammen.

Eva spricht hier von ihrer Arbeit. Herr Bunge teilt mit, daß er von dem P e r t e n kurz vor Weihnachten ein Angebot bekommen hat. Eva bemerkt dazu, daß ihr das der Heiner M ü l l e r erzählt hat, der war neulich bei ihr. Sie meint, daß er dann doch nach Rostock müßte. Herr Bunge antwortet, daß das noch eine große Frage ist. Er erwähnt, daß er im Frühjahr das "Flüchtlingsgespräch" inszenieren wird. Was dann wird, muß man erst einmal sehen. Jedenfalls hat er ihm einen Zweijahresvertrag angeboten. Eva meint, daß sie sofort nach Rostock gehen würden, wenn sie könnte. Sie möchte sofort für zwei Jahre aus Berlin heraus. Herr Bunge erwähnt, da der Perten ihn als völlig gleichberechtigt akzeptiert, würde er es nicht so schwer haben. Er bemerkt, daß sie die Wohnung nicht aufgeben wollen, Herr Bunge erkundigt sich, wann sie wieder einmal in Berlin ist, da könnten sie sich doch einmal sehen. Sie sollte sie doch einmal besuchen. Sie ist immer herzlich eingeladen. Eva bedankt sich, das ist ihr sehr willkommen. Eva berichtet, daß sie am 16. Januar eine Aufzeichnung hat. Dann will sie eine zeitlang nichts machen. Eva erwähnt, daß sie während dieser Zeit noch einmal hier ist. Sie hatte doch einen Zusammenstoß mit der Polizei, sie muß deshalb noch einmal zur Kriminalpolizei. Das hat man Herrn Bunge schon erzählt. Er weiß im Moment nicht, wer ihm das erzählt hat. Eva meint, daß das mit Aufregung verbunden war, die haben sich ganz schön blöd benommen. Sie wird ihm das mal genau erzählen. Herr Bunge erwähnt, daß er beim Fernsehen jetzt auch etwas macht, nachdem der Perten ihn rehabilitiert hat, es geht um Liebeslyrik mit K a i s e r und M a y . Das wird im Februar aufgezeichnet. Eva meint, daß das herrliche Aussichten sind. Beide verabschieden sich bis nach dem 16. Januar.

F.d.R.d.A. Herzog

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HA XX/1, Gen. Lohr                                        Berlin, 3. Januar 1968
                                                                       26/BA/19/66/866 – Fin                      
Vertrauliche Dienstsache
 
Informationsbericht

21.42 Uhr

Eva H. bittet ihre Mutter, der Polizei mitzuteilen, falls diese sich morgen melden sollte, daß Eva in Halle ist, daß es ihr nicht so gut geht, daß sie kommen kann. Der Arzt hat schon ein Fernschreiben nach Berlin an die Polizei geschickt. Er hat aber noch keine Antwort darauf bekommen. Eva wird am Sonnabend abend erst nach Hause kommen. Sie bittet ihre Mutter, daß diese mit der Nina nicht in die Chausseestraße geht. Sie wüßte nicht, was dabei herauskommt. Die Mutter versichert, daß sie nicht gehen wird. Sie hat auch kein Interesse daran. Auf eine Frage sagt die Mutter, daß Wolf sich gemeldet hatte. Er hat aber der Eva kein gesundes neues Jahr gewünscht. Er hat sich nur nach dem Empfinden erkundigt.

F.d.R.d.A. : .......

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Auszug aus einem GI-Bericht vom 7. Januar 1968

Eva-Maria H a g e n teilte Wolf B i e r m a n n, der sich bei Robert Havemann aufhielt, mit, daß sie morgen wieder zur Polizei muß, sie wolle sich vorher mit dem Rechtsanwalt in Verbindung setzen, weil die das so ausbreiten, jetzt möchte sie doch jemand haben. Wolf möchte ihr die Adresse oder Telefonnummer von dem Rechtsanwalt sagen. Wolf antwortete, daß der Kohn heiße und im Telefonbuch stehe. Der wisse Bescheid. Er erkundigte sich, was die denn jetzt wollen.
Eva-Maria antwortete, daß sie das letzte Mal nicht hingegangen war. Der Arzt von Halle hat dort angerufen und sie entschuldigt. Die wollten dann nach Halle kommen. Ihre Mutter habe ihr berichtet, daß zu Haus jemand war, der sie holen wollte. Sie müsse nun morgen hin. Wolf fand das unerhört. Die würden sie doch fertig machen. Eva-Maria wiederholt, daß sie an dem 4. nicht hingefahren ist, weil sie gerade zwei Tage in Halle war, am gleichen Tag Vorstellung hatte. Da sei dann ein Theater gewesen. Die würden sich wirklich wie die Fürsten fühlen (...)
16.40 Robert Havemann teilt Eva H. mit, daß er sich mit Wolf über die Sache mit der Polizei unterhalten hat (...) daß er sich das so überlegt hat, man muß nicht den Polizisten angreifen.
Er wird von Eva unterbrochen. Sie bittet, daß sie an dieser Stelle nicht darüber sprechen (...) Robert bemerkt, was die sich überhaupt vorstellen, ob die einen Prozeß haben wollen; Maria H. mit Wolf Biermann als Zeugen. Eva meint, daß es so ungefähr sein soll. Robert meint, daß Eva dann nichts zu befürchten braucht. So dämlich wird doch keiner sein. Eva bemerkt, daß sie auch gar nichts befürchtet. Sie wollte nur die Adresse von diesen Herrn Kohn (o. ä.).
Auf eine Frage sagt Eva, daß sie morgen früh wieder vorgeladen ist. Robert ist der Meinung, daß es ganz gut ist, wenn Eva denen fragt, was sie sich überhaupt vorstellen. Eva berichtet, daß sie von denen auch in Halle aufgesucht wurde. Sie ist beim vorigen Termin nicht hingegangen, weil sie gearbeitet hatte. Sie hat sich durch einen Arzt über Fernschreiber entschuldigen lassen. Das ist aber nicht an der richtigen Stelle angekommen (...) Die waren zu Hause bei Evas Mutter (...) Robert bemerkt, daß nur einmal einer den Polizisten klarmachen muß, daß sie dabei sind, den größten Unsinn zu machen. Was die sich eigentlich vorstellen, ob die das an die große Glocke hängen wollen. Das ist doch das Blamabelste von der Welt: Eva-Maria H. kommt vor Gericht, weil sie angeblich, was sie bestreitet, die hiesigen Verhältnisse mit dem Nazisystem verglichen hat; der Zeuge dafür, daß sie das nicht gesagt hat, ist Wolf Biermann. Das wollen die wahrscheinlich in aller Öffentlichkeit publiziert haben in Zeitungen und im Radio. (...)
Eva bemerkt, daß der Wolf keine Angst zu haben braucht. Sie sollten sich nicht darüber aufregen. Robert meint, daß sie nur wollen, daß sie nicht soviel geärgert wird von diesen Halunken. Hinterher bekommen sie alle ihr dienstliches Strafverfahren wegen dieses Blödsinns. Robert betont lautstark, daß er hofft, daß die Stasi das auch hört, damit diese denen das gleich mitteilt. Eva meint lachend, daß das eine Lappalie ist. Robert bemerkt, daß Eva durch diesen Ärger in ihrer Berufsarbeit gestört wird (...) daß die Leute bekanntlich gern quatschen, was viel bequatscht wird, kommt auch in die Zeitung. Die brauchen nur noch drei Wochen herumrühren, dann steht es in den Westzeitungen und bringen es auch im Radio. Er betont, daß das ganz selbstverständlich ist. Jede Woche verdreifacht sich die Zahl der Quatschenden. Eva meint, daß sie es schnell abschließen wollen, darum wollen sie nach Halle kommen, wenn sie nicht nach Berlin kommt.
Robert wünscht ihr alles Gute im neuen Jahr.

Am 10. 1. 1968 - 18.10 - fand eine Unterhaltung zwischen Herrn Biermann und Prof. Müller (Charité, Nervenklinik) statt. Herr B. erzählt, daß es der Eva eigentlich ganz gut geht. Es ist aber eine ganz dumme Komplikation eingetreten. Sie hat sich mit einem Polizisten geprügelt. Die wollen nun einen Prozeß gegen sie machen. Herrn M. interessiert, ob der Polizist in Uniform gewesen ist. Herr B. bejaht das. Herr M. möchte weiter wissen, ob sie angetrunken gewesen ist. Herr B. verneint das, sie war völlig normal. Es war Widerstand. Herr M. meint, daß es da ja noch geht. Es ist allerdings ein bißchen fehl gelaufen. Er fragt, ob sie einen Rechtsvertreter haben. In solchen Sachen macht man das ja so, daß man sich einen Verteidiger nimmt und der erledigt die Angelegenheiten, er besorgt sich ein ärztliches Attest. Er persönlich hätte sich nicht entschuldigt.
Herr B. hatte mit dem Verteidiger gesprochen. Er weiß ja, wie diese Leute gebaut sind, die zittern selber mehr als ihre Klienten. Eigentlich hat Herr B. gedacht, daß die Sache erledigt ist. Es scheinen aber noch höhere Interessen im Spiele zu sein, die er im Moment nicht überblicken kann, aber die Art und Weise wie die Sache weitergeführt wurde zeigt ihm, daß das ziemlich ernst ist. Die Eva ist im Moment in Halle und steht in sehr schweren Proben. In ›Der Mann des Schicksals‹ spielt sie eine Hauptrolle. Jetzt hat man sie noch einmal vorgeladen und ist sogar mit einer Delegation nach Halle gefahren um sie nochmal zu vernehmen. Sie ist nun völlig aufgelöst. Er hat ihr gesagt, daß sie keine weiteren Aussagen machen soll. Scheinbar hat man sie dort dermaßen geknebelt und bedrängt, daß sie ihm nicht einmal gesagt hat worum es dort gegangen ist. Herr M. meint, daß die Sache ja einfach ist. Sie braucht nur zu sagen, daß sie bei ihnen in ambulanter Behandlung ist, die VP soll sich dann an sie wenden. Herr B. denkt, daß die daran gar kein Interesse haben. Herr M. sagt, daß sie darauf bestehen sollen, daß es sich um eine kranke Person handelt, grade aus dem Krankenhaus entlassen. Herr M. ist jederzeit bereit in entsprechender Form Auskunft zu geben. Gegen Kranke darf nämlich nicht so vorgegangen werden. Das müßte der Verteidiger machen. Wenn er solche Möglichkeit außer acht läßt, ist er ein schlechter Verteidiger. Herr M. kann von sich aus keine spontane Aktion starten. Herr B. findet es sehr besorgniserregend, daß sie jetzt diesen Belastungen ausgesetzt ist. Das würde Herr M. auch ärztlich bestätigen. (...)

Gen. Lohr ....

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Am 11. 1. 1968 - 10.05 - unterhielt sich Herr B., Wolf mit Frau Hagen, z. Zt. in Halle bei der Familie Höhne (...) Herr B. möchte wissen, wie es seiner Frau geht. Frau Hö. kann nur sagen, daß es ihr schlecht geht. Sie ist gar nicht mehr sie selbst. Sie ist sehr traurig und daher sollte er einmal herkommen. Das arme Ding wird ganz krank. - Wolf führte die Unterhaltung mit der Eva fort. Er möchte sie bitten einen kleinen Schriebs an den Rechtsanwalt Karl Cohn zu machen, ihn beauftragt sich um ihre Sache zu kümmern. Sie meinte, daß sie das nicht möchte. Wolf führte aus, Prof. Müller wollte ihr in der Sache helfen. Er sprach mit ihm, weil es ihr behandelnder Arzt ist.
Eva möchte nicht, daß er sich um die Sache kümmert. Wolf soll die Hände aus dem Spiel lassen. Dieses hat Gründe. Das bedauerte Wolf und er stellte sich die Frage, was man mit ihr gemacht hat. Mit den Dingen will sie allein fertig werden und das wird sie auch. Sie möchte sagen, daß man nicht an ihn herankommt. Wolf geht es nicht um sich, er bittet sie nicht so stur zu sein. -
Eva weinte dann und bringt zum Ausdruck, daß sie nicht mehr kann. (...) Nachts kann sie nicht schlafen. Vom Wolf wurde beteuert, daß er sie liebt, sie müssen zusammenkommen, dann wird alles vernünftig, das weiß sie doch. Dieses sieht Eva als sinnlos an. Ihr wird alles zugetragen und die Worte die gebraucht worden sind, kennt sie, sie stammen vom Wolf. Wolf betont, daß alles Lüge ist. Sie haben miteinander darüber gesprochen, wie man aus Wahrheiten Lügen machen kann. Wolf möchte sie bitten, mit den Leuten keine Gespräche mehr zu führen. Sie wollte nur verhindern, daß es sich ausbreitet und die Sache erledigt wird. Wolf ist der Ansicht, daß es falsch ist, wenn sie überhaupt Gespräche führte. Sie möchte ihm noch einmal sagen, daß es ihn nicht betrifft. Da er sie liebt, betrifft es ihn genauso. Endlich sollte sie das begreifen.

Schubert

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Informationsbericht

Auszug aus einem GI-Bericht vom 22. Januar 1968

20.20 Uhr

Jürgen Böttcher meldet sich bei Eva. Eva ist erfreut, daß er etwas von sich hören läßt. Sie haben große Sehnsucht nach ihm. Eva betont, daß sie sich mit Wolf wieder vertragen hat.
Am Sonnabend wollen sie gemeinsam an die Ostsee fahren.

Jürgen geht morgen abend in die Camera/Deutsche Museum, um sich einen wichtigen Film von Eisenstein anzusehen. Eva würde sich diesen Film auch gern ansehen, sie wird Wolf fragen, ob er mitgeht. Sie verbleiben so, daß sie sich morgen abend in der Camera treffen.

Auf Evas Frage, ob er viel zu tun hat, antwortet er, daß es gar nicht soviel ist. Er war in der letzten Zeit in keiner guten Verfassung und zog sich deshalb etwas zurück.

Eva erzählt, daß sie in der vergangenen Zeit in Halle arbeitete. Sie hat sich selbst gewundert, daß sie alles schaffte. Eines Tages kam Wolf in Halle an. Sie hatten dort sehr interessante Begegnungen. Wolf wurde dort von der Fernsehleitung halb offiziell anerkannt. Eva wird es Jürgen noch alles genau erzählen.
Sie verabschieden sich bis morgen abend.

F.d.R.d.A. : .......

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HA XX/1, Gen. Lohr Berlin, 23. Januar 1968
26/B/19/66/ 768 -Fin
Vertrauliche Dienstsache
Informationsbericht

Auszug aus einem GI-Bericht vom 27. Febr. 1968

Aus einem GI-Bericht vom 23. Januar 1968:

Eva H. unterhält sich mit Emma Biermann. Diese sagt, daß sie das bald nicht mehr etragen kann. Eva sagt, daß Emma bloß still sein soll. Was macht sie nur immer für ein Theater. Emma sagt,daß sie gar kein Theater macht; es ist doch wahr. Eva st auch kein Engel. Sie nimmt Wolf auch ganz schön mit. Eva sollte sich freuen, daß Wolf sie liebt. Er kann ihr doch sowieso nicht mehr geben. Er kann doch Eva nur seine Liebe geben. Es ist doch wunderschön, wenn man jemand hat. Sie bittet, daß Eva sich das Leben nicht so schwer machen soll. Sie sollte glücklich sein, daß ein Mann wie Wolf sie liebt. Manche Frau würde sonst was dafür geben. Eva macht nun solch einen Zirkus. Eva bemerkt, daß Emma sie nicht anzuschreien braucht. Emma fährt fort, daß tausend andere Männer Eva haben könnte. Man ist aber nun einmal nur für einen bestimmten. Was nützen ihr die vielen, wenn sie nicht bekommt, wen sie haben möchte. Eva sollte sich überwinden. Wie Emma die Eva kennt, möchte diese am liebsten noch mit den Beinen strampeln. Eva sollte so vernünftig sein, wie es sich gehört. Sie sollte sich nicht um das kümmern, was vorher war. Eva bemerkt, daß sie sich so auf den Film gefreut hatte. Soe wollte doch ins Kino gehen. Als er aber reinkam, hatte sie das Gefühl, als ob eine Lawine oder eine Klamotte auf sie runtergedonnert kommt. Emma stellt fest, Emma stellt fest, daß Eva ein armes Kind ist. Sie ist immer gleich so bedonnert. Eva ist doch kein kleines Mädchen, die denkt, man kann ihr etwas von ihrem Stolz wegnehmen. Es gibt andere Sachen, worauf man stolz sein kann. Aber hier ist das Quatsch und Käse. Sie machen sich nur das Leben schwer.

F.d.R.d.A. : F.......

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Angenommen: Kn./1523

Greifswald, d. 9. 2. 68 / 3

I n f o r m a t i o n s b e r i c h t

Betr.: Biermann, Wolf

Am 6. 2. 68 erfuhr ich folgendes über Eva-Maria H a g e n, die sich zur Zeit bei Biermann aufhält: Sie sprach mit einem Herrn B.... o.ä. aus Berlin (440801). B. hatte folgendes Anliegen: Sie haben die Delegation für die Filmwoche in Mali nicht zusammen bekommen. Er hatte auch Frau Hagen telegrafiert, aber sie hatte nicht geantwortet. Sie unterbrach und erklärte, sie hält sich ja auch in Ückeritz auf. B. fuhr fort, nun wollen sie abwarten wie die in Mali darauf reagieren. Sollte doch noch eine kleinere Delegation zum 2. Termin im März nach Mali reisen, ob Frau Hagen prinzipiell einverstanden wäre, mitzufahren. Frau Hagen bejahte. Sie wäre ab 15. wieder in Berlin. B. wollte ihr dann Bescheid zukommen lassen.

Weiterhin sprach Frau Hagen mit Susanne Kandt. Beide dutzten sich. Frau Hagen erkundigte sich, ob Susanne mit Manfred mal rüberkommt. Sie hat mit Wolf gerade eine gute Flasche Wein. Susanne wollte mit Manfred sprechen. Wahrscheinlich werden sie kommen. Susanne ließ noch einen schönen Gruß an Wolf bestellen. (..............)
"A n i t a"

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Berlin, 14. Februar 1968
26/BA/19/66/855 /Ho

Vertrauliche Dienstsache

Informationsbericht

Auszug aus einem GI-Bericht vom 14. Febr. 1968

20.48 Uhr
Eva-Maria H a g e n teilte Wolf B i e r m a n n mit, daß sie schon gegessen haben. Wolf sagte zu ihr, daß er hier noch wartet und fragte, ob W a l t e r da sei. Eva-Maria bestätigte, daß W a l t e r da sei.

21.09 Uhr
Eva-Maria Hagen erkundigte sich bei Herrn B u n g e , ob sie nicht kommen wollen. Herr B. brachte zum Ausdruck, daß er dachte, daß sie zu ihnen kommen, weil sie wegen S a b i n e nicht weg könnten. Eva-Maria erklärte, daß vereinbart war, daß sie sich bei ihr treffen. Herr B. wiederholte, daß sie nicht kommen könnten. Peter W e i s s sei noch im "Brotladen" und könnte vor 22.00 Uhr auch nicht kommen.

21.39 Uhr
Eva-Maria Hagen erkundigte sich bei Herrn Bunge., ob er schon etwas von Peter Weiss gehört habe. Herr Bunge verneinte. Eva-Maria sagte, daß Wolf auf Peter und Cornelia sowie Cremers warten würde. Herr Bunge hoffte, daß sie sich wieder einmal sehen würden. Er fahre erst Anfang März und T h e r e s e werde dann auch bald hochkommen.

22.43 Uhr
Eva-Maria Hagen teilte Peter Weiss mit, daß sie auf ihn noch warten würden und fragte, ob er noch kommen könnte. Peter W. erwähnte, daß gerade der S t r e h l e r aus Milano gekommen sei und auf ihn warte. Eva-Maria Hagen bat, daß er den doch mitbringen könnte. Peter W. ging darauf nicht ein. Eva-Maria Hagen erklärte, daß sie extra Freunde aus Potsdam eingeladen hätte. Peter Huchel und Heiner Müller seien da. Peter Weiss versicherte, daß er sich gern einmal mit Peter Huçhel unterhalten hätte. Eva-Maria bot an, ihn abzuholen. Peter Weiss nahm die Einladung mit der Bemerkung an, daß er das mit Strehler kurz machen wolle.

23.20 Uhr
S t e f f i erkundigte sich bei Eva-Maria Hagen, ob G i n k a ihnen schon sagte, daß sie sie für Freitag gerne haben möchte. Eva-Maria erklärte, daß die noch nichts sagte. Sie müsse am Freitag nach Dessau wegen der Vorstellung. Steffi teilte ihr mit, daß da einige Leute aus Paris da seien.

Steffi fragte Wolf B i e r m a n n , ob er am Freitag zu ihr kommen könnte. Es seien drei französiche Genossen bei ihr, die ihn sehr gerne kennenlernen möchten. Die möchten auch einiges von ihm hören. Wolf nahm die Einladung an. Steffi ließ sich bestätigen, daß Peter Weiss bei ihm ist.

Sie fragte, ob der eventuell auch kommen könnte. Wolf antwortete, daß der wohl morgen schon nach Westberlin fahren wird. Steffi erkundigte sich nach Bunge. Wolf teilte ihr mit, daß der nicht da sei. Steffi brachte zum Ausdruck, daß sie den auch einladen wird.

Steffi erkundigte sich bei Heiner M ü l l e r , ob er am Freitag ebenfalls zu ihr kommen könnte. Heiner nahm die Einladung an. Steffi führte aus, daß am Freitag der Dramaturg aus dem Theater de la Commune in Oberville da sei. Ferner seien Brecht (nicht der Dichter) und Cotie da. Die möchten ihn und Wolf gerne sehen.

F. d. R. d. A.: Höfner

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Berlin, 19. Februar 1968
26/B/19/66/777 /Hö/Fe

Vertrauliche Dienstsache

Informationsbericht

Auszug aus einem GI-Bericht vom 14. Febr. 1968

Eva-Maria H. unterhält sich mit Walter J a n k a , dessen Frau, Peter H u c h e l und G i n k a . Frau Janka (vermutlich) berichtet über den ›Brecht-Dialog‹. Sie erwähnt, welche Persönlichkeit aus dem Anlaß erschienen war und wie die Veranstaltung abgelaufen ist. Herr Janka fragt die Anwesenden, wieweit sie über die Rennschlittensportler informiert sind. Eva findet, daß die Geschichte ein Skandal ist. Da nicht alle über die Vorkommnisse in Grenoble informiert sind, erläutert Eva, daß die DDR-Rennschlittensportler disqualifiziert wurden, weil sie angeblich die Kufen angeheizt haben sollen. Herr Janka ergänzt, daß die DDR heute in Grenoble eine Pressekonferenz gab. Herr Huchel bemerkt dazu zynisch, Bonn wird doch nicht die Kufen der DDR-Rennsportler angeheizt haben. N i n a , die ebenfalls an der Unterhaltung teilnimmt, sagt, da alle Proteste der DDR zurückgewiesen wurden, sei anzunehmen, daß die DDR-Sportler sich doch unfair verhalten haben. Eva meint, selbst wenn es die DDR-Sportler gemacht haben, dürften sie es keinesfalls zugeben. Frau Janka hält es für ausgeschlossen, daß Westdeutschland dahinter steckt, da nicht die Westdeutschen für die DDR-Rennrodlerinnen die Konkurrenz darstellen, sondern die Rumänen. Eine andere Dame verweist arauf, daß die DDR immer großen Protest los läßt, wenn beispielsweise die Radrennsportler von Dopping Gebrauch machen. Es wäre dann ja wohl unwahrscheinlich, daß die DDR-Sportler die Kufen anheizen. Eva wurde heute von der Pressestelle angerufen, sie sollte dazu eine Stellungnahme abgeben. Frau Janka gibt Eva den Rat, sie soll sagen, was die Leute hören wollen.

Anschließend berichtet Eva von einer Anzeige, die gegen sie erstattet wurde wegen Staatsverleumdung. Sie schildert die Auseinandersetzung, die zwischen ihr und dem Volkspolizisten stattfand und welches Nachspiel diese Geschichte mit sich brachte. Im Zusammenhang mit den Aussprachen bei der Volkspolizei wegen der Auseinandersetzung mit der Volkspolizei wurde Eva gesagt, bei ihr würde ein Herr nächtigen, der nichtpolizeilich in ihrer Wohnung gemeldet sei. Man berief sich darauf, die Leute im Hause hätten sich beschwert. Eva behauptet, daß niemand im Haus etwas gemeldet hat. (......)

Eva teilte den Anwesenden mit, daß sie bereits bei B u n g e mit Peter Weiss zusammengetroffen sind. W o l f kennt Peter Weiß schon seit 3 Jahren. Eva stellte fest, daß sich Peter Weiss sehr für die DDR interessiert. Allerdings kann er nicht alles richtig einschätzen, weil er hier nicht lebt. Eva spricht über Professor Fritz K r ä m e r . Krämer, so sagt sie, bekäme hin und wieder einen Wutanfall und brüllt dann wie ein Stier. Frau Janka bemerkt, wenn Krämer wieder etwas Großes geschaffen hat, werfen sie ihm den Nationalpreis an den Hals, und dann ist er wieder einmal ruhig. Von Peter Weiss ist Eva
sehr beeindruckt. Eva findet, daß er ein sehr interessanter Mann ist.

Später kommen Wolf Biermann und Heiner Müller dazu. Sie sprechen dann wieder über die DDR-Rennschlittensportler. Wolf äußert dazu, im Grunde genommen wärmen alle Rennschlittensportler ihre Kufen an. Lediglich heute hätten sich die Westdeutschen mit den andern Sportlern verabredet, ihre Kufen nicht anzuwärmen und dafür die DDR-Sportler zu kontrollieren.

Eva erläutert ihren Gästen, daß offensichtlich ein Mißverständnis bei der Verabredung vorliegt, da Bunges angenommen haben, sie kämen zu ihnen mit Peter Weiss. Bunges werden heute Abend nicht kommen, da sie wegen des Kindes nicht beide das Haus verlassen können. Wolf berichtet, daß er vor kurzem eine Karte von Manfred K r u g bekam. Dieser ist jetzt bei den Soldaten. Gegen 23.30 holt Eva Herrn Peter Weiss vom ›Hotel unter den Linden‹ ab.

Sie unterhalten sich über den Krieg in Vietnam. Wolf erläutert, daß die Auseinandersetzungen zwischen China und der Sowjetunion ein großes Hindernis für eine wirksamere Hilfe gegenüber dem vietnamesischen Volk darstellt. Auch in der Öffentlichkeit vertritt man die Ansicht, unter Umständen hätte der Vietnam-Krieg verhindert werden können, wenn das sozialistische Lager einig gewesen wäre.

Wolf unterhält sich mit Herrn Peter Weiss über Informationen und bringt in dem Zusammenhang zum Ausdruck, daß es für die Menschen in der DDR wenig Informationsmöglichkeiten gibt. Selbst über die Entwicklung in den sozialistischen Ländern, wie beispielsweise in Kuba, wird völlig unzureichend informiert. Wolf schildert Herrn Weiss einige Probleme, die in der Westberliner Jugendbewegung - besonders in der Kommune - aufgetreten sind. Ausgehend von einer Zusammenkunft, zu der T e u f e l erschienen war, erzählt Wolf, daß die Anhänger der Kommune keinerlei theoretische Voraussetzungen für wirksame Aktionen besitzen. Das führte dazu, daß ihnen von den Anhängern der Kommune vorgeschlagen wurde, sie sollten nicht diskutieren, sondern eine Vietnam-Demonstration nach Potsdam zur Militär-Mission durchführen. Im Moment sei im Westen ein solcher Stand zu verzeichnen, daß sie nicht gegen die sie bedrohenden Notstandsgesetze demonstrieren, sondern nur noch gegen den Vietnam-Krieg.

Als der Student Benno O h n e s o rg in Westberlin erschossen wurde, versuchte Wolf darüber ein Gedicht oder ein Lied zu schreiben. Das ist ihm nicht gelungen, obwohl er sich von verschiedenen Studenten seine Geschichte erzählen ließ. In der DDR, so sagt Wolf B., reguliert der Staat die Spendensammlungen für das vietnamesische Volk. Die Leute müssen Geld geben, weil sie befürchten, daß sie im anderen Falle von dem Kaderleiter zur Verantwortung gezogen werden. Deshalb geben die Leute auch das, wenn es ihnen auch schwer fällt.

Herr Weiss entgegnet, daß diese Spenden dem vietnamesischen Volk sehr helfen. Das sieht Wolf ein, jedoch nutzt das nur den Vietnamesen und nicht uns in der DDR. Jede politische Aktion muß unter den Massen eine entsprechende Resonanz finden und zu weiteren Aktionen aufrufen. Herr Weiss erklärt noch einmal, es ginge jetzt besonders darum, Vietnam zu helfen. Wolf B. glaubt, man könnte das Geld auch auf eine andere Weise zusammenbringen. Wolf ist davon überzeugt, wenn man diese Solidaritätsaktionen anders anpacken würde, wäre der Ertrag bestimmt höher, da die Menschen dann viel mehr geben würden, weil es dann eine Sache ist, die von Herzen kommt. Wolf ist der Meinung, es ist für uns ungeheuer wichtig, daß wir in den Genuß der politischen Folgen dieser Solidaritätsaktionen kommen; wir müssen bei unseren Menschen internationalistisches Bewußtsein erzeugen. Es darf nicht so sein, daß wir diesen Terror auch auf diesem Gebiet ausnutzen.

Herr Weiss machte Wolf darauf aufmerksam, er habe ihm schon immer empfohlen, eine andere Taktik zu entwickeln. Es ist verständlich, daß heute über die Hälfte der Biermannschen Lieder nicht spielbar sind. Schließlich könne Wolf nicht von Walter U l b r i c h t verlangen, daß er sich von ihm Arschloch, alter Scheißer und mit anderen Ausdrücken bezeichnen läßt. Das ist in seinen Augen unmöglich. So etwas könnte man sich beispielsweise in Schweden auch nicht erlauben. Derartige Dinge sind in seinen Augen eine Beleidigung. Wolf fragt Weiss, dieser ihm empfiehlt, ob er es für richtig hält, wenn Wolf schweigt. Weiss erwidert, Wolf wüßte schon, was er machen soll. Herrn Weiss mißfallen auch Wolfs Anpöbeleien, die eines Kommunisten gegenüber einem anderen Kommunisten nicht würdig sind. Desweiteren kritisiert er an Wolfs Arbeit, daß dieser sich stets in solch einem Jargon ausdrückt wie: "Alles ist Scheiße, ich bin der einzige, der wirklich weiß, wie es gemacht werden soll." Nach den Vorstellungen des Weiss müßte Wolf sich zumindestens konkreter ausdrücken, war;J verändert werden müßte und wohin es gehen soll. Eine Feststellung, die besagt, alles ist Scheiße, ist unkonkret. Wolf soll darauf eingehen, was verkehrt gemacht wird. Das wäre auf jeden Fall verständlicher und sachlicher. Damit könnte man sicherlich mehr erreichen.

Wolf fühlt sich gehandikapt durch die Tatsache. daß er mit seinen Werken nicht an die Leute herankommt, von denen er Impulse für sein schöpferisches Arbeiten bekommen kann. Wenn er Gelegenheit hätte, seine Lieder vor einem großen Kreis von Menschen vorzutragen, so könnte er genau bemerken, was sie billigen und was ihnen mißfällt. was ihnen, zu allgemein ist, wo er konkreter sein müßte und viele andere Dinge. Kritiken werden ihm und jedem anderen Künstler vom Publikum viel genauer, präziser präsentiert als von seinen besten Freunden, die sich redlich abmühen ihm klarzumachen, was er verändern müßte. Für sein Schaffen gibt es keine Erfolge oder Mißerfolge, dadurch verliert er die Heiterkeit und auch die Frechheit, die man braucht, um überhaupt etwas zu schreiben. Wolf kann z. B. im Moment kein dokumentarisches Lied schreiben, weil er richtiggehend von der Wirklichkeit abgeschlossen ist. Er ist kein Dramatiker, der die Geschichte von einem erhobenen Sockel betrachtet. Den Stoff für seine Lieder muß er unmittelbar erleben. Als Student ist Herr Biermann , jedes Jahr mindestens einmal zum Ernteeinsatz gefahren. Für ihn war das sehr wichtig wegen des Kontaktes zu den Menschen.

Als der VI.Parteitag stattfand, so erzählt Wolf Biermann, kämpften zur gleichen Zeit. in denselben Tagen mutige Menschen gegen eine Eisbarriere auf der Elbe, die die Gefahr des Hochwassers in sich barg. Das nahm man auf dem Parteitag zum Anlaß, um diese Geschichte mit den ganzen Niederschlechtereien zu koppeln. Das Interessante an der Sache war, daß alle Menschen, die das hörten und sahen, erklärten, so schamlos hat überhaupt noch keiner gelogen.

Wolf fragt Anwesenden, ob sie den Film "Spur der Steine" gesehen haben. Jankas haben diesen Film gesehen. Offensichtlich kennt ihn Peter Weiss nicht. Wolf berichtet, daß der Film in der DDR ungeheuer angekündigt wurde, so daß man glauben mußte, daß Frank B e i e r kurz vor dem Nationalpreis steht. Während der Premiere wurde im Filmtheater eine Protestkundgebung ausgelöst, die von der Partei inszeniert war, so daß man kurz danach den Film absetzte. Wo1f erzählt, daß er schon verschiedentlich Filmangebote bekommen hat. In einer der Rollen, die man ihm zugedacht hatte, sollte er einen französischen Filmschauspieler spielen, der in die DDR eingeladen war, dessen Besuch damit endete, daß man ihn fragte: "Nun wie hat Ihnen der Besuch in der DDR gefallen?" Der französische Schauspieler mußte dann zum Ausdruck bringen, daß es herrlich in der DDR sei. Wolf hat es abgelehnt, diese Rolle zu spielen.

Sie unterhalten sich über die verschiedensten Filme, die über die Partei oder durch Staatswege verworfen wurden.

Herr Peter Weiss erzählt von Begegnungen, die er mit den verschiedensten Kreisen unserer Bevölkerung hatte u. a. auch mit Genossen von der Nationalen Volksarmee. Bei diesen sehr herzlichen Begegnungen passierte es immer, daß er sentimental wird.

Wolf Biermann berichtet die Geschichte eines jungen Kommunisten. Er wurde mit 17 Jahren von den Faschisten in ein Konzentrationslager verschleppt, nachdem man bereits seinen Vater umgebracht hatte. Zunächst war er zum Tode verurteilt. Dieses Urteil wurde später von den Faschisten aufgehoben, und er mußte in dem Konzentrationslager die Häftlinge im Krematorium mit verbrennen helfen. Während dieser Tätigkeit am Verbrennungsofen des Konzentrationslagers sammelte dieser Kommunist von vielen Zuverbrennenden die Ausweise und andere Unterlagen, steckte sie in einen Behälter und vergrub sie im Gelände des Konzentrationslagers. Nach der Befreiung des Lagers kam er nach Berlin und wohnte dort bei einem Kommunisten. Später berichtete er der Partei über seine von Arbeit im Konzentrationslager und auch von den durch ihn versteckten Dokumente der umgebrachten Menschen. Daraufhin hat man ihn in das Gefängnis gesteckt. Viele ehemalige Häftlinge setzten sich für seine Freilassung ein. Ihre Bestrebungen blieben erfolglos, und dieser Mensch sitzt heute noch im Gefängnis. Diese Geschichte ist das Leben einer Person, die in dem Film "Ich war neunzehn" in Erscheinung tritt. In diesem Film wird den sowjetischen Offizieren ein Mann vorgeführt, der so gekleidet ist, daß man nicht erkennen kann, ob er von der "SS" kommt oder ein Häftling des Konzentrationslagers ist. Er muß den sowjetischen Offizieren berichten, mit welchen Methoden die "SS" die Häftlinge ermordet hat. Mehr wird von dieser Person in dem Film nicht erwähnt. Wolf sagt, die von ihm dargestellte Geschichte ist die Wahrheit über das Leben dieses Mannes. Peter Weiss war von diesem Film sehr beeindruckt.

F.d.R.d.A.: Fechner

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HA XX/1, Gen. Lohr Berlin, 27. Februar 1968
26/BA/19/66/857/Ho
Vertrauliche Dienstsache
Informationsbericht

Auszug aus einem GI-Bericht vom 27. Febr. 1968

12.28 Uhr
Frau Worner vom Stadtbezirksgericht Prenzlauer Berg bestätigte der Eva-Maria Hagen, daß am 1. März 1968 – 9.00 Uhr (Saal 283) in der Sache: Strafbefehlsverfahren wegen Beleidigung eines Angehörigen der Volkspolizei gegen sie verhandelt wird.
F.d.R.d.A.:

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HA XX/1, Gen Lohr Berlin, 4. März 1968
26/BA/19/66/859/Ho
Vertrauliche Dienstsache
Informationsbericht

Auszug aus einem GI-Bericht vom 4. März 1968

14.15 Uhr
Ingrid erkundigte sich bei Eva-Maria Hagen, ob alles in Ordnung sei. Eva-Maria bejahte diese Frage. Das sei in einem richtigen Gerichtssaal gewesen. Sie mußte aufstehen und dann seien die reingekommen. Da seien zwei Schöffen, eine Beisitzerin und der Direktor gewesen. Dann sei noch ein Zeuge vom Fernsehfunk gekommen. Man habe ihr eine Geldstraße über 200,-- Mark ausgesprochen. Sie könne auch Berufung einlegen, aber sie schätzte ein, daß das sie noch eine Menge Geld kosten werde, weil sie die Kosten des Verfahrens tragen müsse.
Sie habe nun so ein schönes Schriftstück und da stehe blöder Hammel ... weil sie ihn blöder Hammel genannt haben". Das sei doch ein ulkiger Ausdruck. Das entbehre nicht einer gewissen Komik, weil das doch eine Lappalie sei. Das wurde vom Direktor selbst bearbeitet. Jedenfalls sei alles okay.

F.d.R.d.A.: Fechner

Aus einem GI-Bericht vom 4. März 68

14.15
Eva-Maria berichtete Wolf Biermann, daß sie ihr Gerichtsurteil erhalten habe. Das sei in einem richtigen Gerichtssaal gewesen. Sie mußte aufstehen und dann seien die reingekommen. Da seien zwei Schöffen, eine Beisitzerin und der Direktor gewesen. Man habe ihr eine Geldstrafe über 200.- Mark ausgesprochen. Sie wunderte sich, was sie alles gesagt haben soll. Herr Nehring vom Fernsehfunk habe sie in Superlativen gelobt. Sie wäre eine disziplinierte und zuverlässige Schauspielerin (...) Sie habe nun so ein schönes Schriftstück und da stehe ›blöder Hammel‹ drauf: ›weil Sie ihn blöder Hammel genannt haben‹. - Das sei ein richtiges Affentheater gewesen.


Berlin, 5. März 1968 26/Ba/19/66/ 861 / Ri

Vertrauliche Dienstsache

Informationsbericht

Auszug aus einem GI-Bericht vom 5. März 1968

15.52 Uhr
Wolf B i e r m a n n fragte Frau Eva-Maria H., ob sie sich freue. Sehr, bestätigte Frau H., sie habe vorhin schon die Vorfreude genossen, weil die sie schon mal angerufen haben, aber dann haben die gesagt, daß es noch eine Weile dauert.
Frau H. teilte Wolf mit, daß der K u r t den ganzen Abend dagewesen sei, der J ü r g e n sei auch noch gekommen. Wolf wollte wissen, ob es schön gewesen sei, was Frau H. bejahte. Sie hätten sich schön unterhalten. Sie habe denen das "Lied von dem Kalb" vorgesungen, die hätten schön mitgesungen. Der Kurt habe es sich gleich noch abgeschrieben, der Jürgen habe es sich auch mitgenommen. Sie habe auch gesagt, daß es sein könne, daß es noch nicht vollständig sei.
Sie diskutiert mit Wolf um Worte, die in dem Lied verbessert werden müßten.
Wolf fragte, ob sie morgen komme. Frau H. meinte, Donnerstag sei sie noch da, sie habe schon gedacht, er sei mit dem Auto weg. Sie fragte, ob sie am 11. das Auto nehmen könne, sie fahre nach Dessau und von da nach Sangerhausen. Sie habe gedacht, daß er am 11. bei Nina sein könnte. Wolf bejahte. Frau H. fuhr fort, sie habe am 8. und am 10. in Dessau Vorstellung, sie würde mit der Bahn hinfahren und habe gedacht, daß er sie dann von dort aus abholt am 11. Das sei ganz schön weit von da.

Sie sprachen dann über das Wetter. Frau H. teilte Herrn Biermann mit, daß morgen der Reiner H... zu ihr kommen wolle, der sei in (Pezow o.ä.), habe angerufen. Wolf meinte, sie solle eine Axt hinter die Tür stellen. Frau H. erwiderte, sie habe keine. Sie solle sich eine kaufen, die gebe es gleich in dem Eisenladen. Frau H. fragte Wolf, ob er oben bißchen aufräume, nicht, daß er so eine Räuberbude verlasse.

F. d. R. d. .....

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HA XX/1, Gen. Lohr                                        Berlin, 2. April 1968
                                                                       26/BA/19/66/876 /Ho                      
Vertrauliche Dienstsache
 
Informationsbericht
 
Auszug aus einem GI-Bericht vom 2. April 1968
 
10.12 Uhr
Eva-Maria   H a g e n   war dagegen, daß Hans Oliva am 10. nach Sangerhausen fährt. Hans erklärte ihr, daß er nur diese Möglichkeit habe, weil er wieder ins Krankenhaus gehen muß.
Eva-Maria teilte ihm mit, daß seine Tochter seit Donnerstag im Krankenhaus liegt mit einem Beinbruch. Wenn die einen Gehgips habe, wolle sie die wieder nach Berlin holen. Hans bat, daß sie die nicht wieder nach Berlin holen soll, weil dann die ganze Clique wieder zusammen kommt. Hans kündigte an, daß ihr das Sorgerecht über ihre Tochter entzogen werden wird. Er habe sich darüber mit dem Minister für Volksbildung beraten. Wenn er das Sorgerecht nicht bekomme, solle das eine neutrale Person bekommen. Ihr werde nach Ostern das Sorgerecht entzogen. Der Prozeß sei schon in Vorbereitung. Er bestätigte ihr, daß er jetzt schon wisse welchen Ausgang der Prozeß nehmen wird, weil die Fragen der Jugendfürsorge beim Ministerium für Volksbildung liegen und er kenne den Minister sehr gut. Der Minister sei darüber informiert. Das sei im Prinzip schon entschieden. Das sei nur noch eine Frage des Termins. Eva-Maria machte ihn darauf aufmerksam, daß sie dann gegen ihn einen Prozeß führen wird, weil er schon zwei Jahre keinen Unterhalt bezahlt hat. Hans meinte, daß sie das machen könne, aber das Sorgerecht werde ihr entzogen. Eva-Maria fragte, was mit ihm los sei. Er werde langsam wieder reif. Sie habe keine Lust mit ihm darüber zu reden. Seit zehn Jahren kenne sie das ja, daß er versuche ihr   N i n a   wegzunehmen, und wenn er die dann eine Woche habe, dann würde er sagen, daß sie wieder weg soll, weil er krank sei.

F.d.R.d.A.: Wolf

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HA XX/1, Gen. Lohr                                        Berlin, 5. April 1968
                                                                       26/BA/19/66/879ZEd                  
Vertrauliche Dienstsache

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Auszug aus einem GI-Bericht vom 5. 4. 1968
 
20.30 Uhr

Eva-Maria H. erzählt Wolf  B i e r m a n n , daß sie ganz aufgeregt ist. Als sie jetzt nach Hause kam, stand eine große Gruppe FDJler vor ihrer Tür. Diese sagten, daß an ihrem Balkon Nein dranstehe. Nach langem Hin und Her seien sie jetzt raufgekommen und hätten sie gebeten, daß sie das abwischen möchte. Eva meinte, daß das überhaupt nicht stimmen kann. Wolf stellte ihr die Frage, wer denn das gemacht hat. Eva weiß das nicht. Wolf bemerkte, daß das eine Provokation sei. Sie hätten dann gemeint, so berichtete Eva weiter, ob sie es lieber selbst machen sollen. Und dann seien sie zu ihr reingekommen und hätten es abgewischt. Wolf wollte wissen, wo das dranstand. Eva erklärte, daß da nicht nur Nein stand. Sie nimmt an, daß sich N i n a sicher früher einmal unterhalten hat mit "Was?", und dann hatte sie "Nein" drangeschrieben. Eva nimmt an, daß sich Nina auf diese Art und Weise mit den Kindern von unten unterhalten hat. Sie fragt Wolf, ob er sich das vorstellen kann. Da hätten so ganz große "Schränke" in FDJ-Hemden vor ihrer Tür gestanden. Das sei ein richtiges Rollkommando gewesen. Sie hätten ihr auch gesagt, wie groß denn das gewesen sei. Eva erklärte, daß das schon vergilbt war. Es war nicht so groß geschrieben. Das sei von E r i c h  (o.ä.) gewesen, der hat da mal Figuren rangemalt auf dem Balkon. Die Schrift war vielleicht 15 cm hoch. Sie sagte nochmals, daß sie annimmt, es ist von Nina. Aber die hätten nun gedacht, es sei -. Wolf meinte, daß das eine verrückte Sache ist.
F.d.R.d.A.: Adler

Tagebuchaufzeichnung von E.-M. H.: 25. 4. 68 – Ein Tag vor der Volksabstimmung der neuen Verfassung. Überall wird künstlich Hochstimmung erzeugt. Ich fahre in die Zelterstraße, sehe paar Gestalten an der Tür hantieren. Freunde wohl von Frank Havemann, denk ich, der jetzt nebenan zur Untermiete wohnt. Fränki ist bei Wolf z. Zt. – hat teilgenommen an der Kundgebung mit selbstgemachten Schildern: ›Nieder mit den Mördern von Dr. Martin Luther King‹. Auf dem, das ein Freund trug: ›Vietnam ist einsam‹. Sie mußten einem Polizisten die Ausweise zeigen. Als ich es im Treppenhaus rumoren hör, öffne ich die Tür: Da stehen FDJ-ler, um die 30–40 rum, mit Bauchansatz, fettigem Haar. Einer sagt, an meinem Balkon stünde: Wähle Nein – und fordert mich auf, es abzuwischen.
Ich denke, die wollen mich aufn Arm nehmen, sage, das kuck ich mir an. Da stand, verwittert von Wind und Wetter, mit Kreide: WAS NEIN. – Ich mußte laut lachen. Das hat Nina rangemalt, als sie sich mit Kindern auf der Straße unterhielt, etwas nicht verstand, das sagt das WAS, wo das ›S‹ noch spiegelverkehrt ist – und NEIN war wohl die Antwort. Ich gab den Männern einen Schwamm, damit sie die Schmach tilgen. Als sie weg warn, klopfte mir das Herz, Entsetzen kroch mir in den Nacken. Wie kann man sich von Kindergekrakel bedroht fühlen. Was haben sie zu befürchten in diesem perfekt funktionierenden System, der militärstabsmäßigen Vorbereitung der Farce.

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Hauptabteilung XX / 1 - V e r m e r k
Am 16. 4. 1968 teilte Hans Oliva HAGEN mit, daß er in der vergangenen Woche seine Tochter Nina in Thüringen besucht hatte. Nach seiner Auffassung ist sie dort bei (...) in besserer Obhut als bei ihrer Mutter der Schauspielerin Eva Maria HAGEN. Bei der Gelegenheit kümmerte sich HAGEN auch um die Einflüsse, die gegenwärtig durch Briefe und Besuche auf seine Tochter schädlich einwirken könnten. Dabei stellt er fest, daß ihr einige Briefe zugegangen sind, die einen schädlichen Einfluß auf seine Tochter ausüben. Hagen hat diese Schriftstücke mit der Begründung an sich genommen, daß es besser sei, wenn sie von derartigen Dingen ferngehalten wird. Bei den Schriftstücken handelt es sich um beiliegend aufgeführte Briefe und einer Broschüre aus Westdeutschland, die Hagen dem Unterzeichneten übergab.
1. Ein Brief Wolf BIERMANNs an Nina HAGEN vom 18. 3. 1968
2. Ein Lied von W. BIERMANN zum 13. Geburtstag der NINA H.
3. Sechs verschiedene Briefe
4. Eine westdeutsche Broschüre ›Song‹ Nr. 1 1966 in die Biermann nach Mitteilung des HAGEN auf Seite 39 ein Blatt mit einem eigenen Gedicht eingeklebt hat. Hans Oliva HAGEN versprach volles Stillschweigen über die Übergabe der aufgeführten Schriftstücke zu bewahren.

Brosche - Major

(Brief Hans Oliva-Hagens aus den Stasi-Akten)

Silvester 1965/66 war ich mit dem Genossen Adameck und seiner Frau auf dem Ball des DFF. Auch E. M. Hagen war dort. Wir brachten sie mit dem Dienstwagen des Gen. Adameck nach Hause. In ihrem Wohnzimmer hing ein sehr grosses Foto von Biermann. Ich nahm es von der Wand, zerriss es. Ich kannte Biermanns Einstellung, wünschte nicht, dass meine Tochter in seinen Einflussbereich gelangt. In Gegenwart des Gen. Adameck sagte ich das in starker Erregung.
Von diesem Zeitpunkt an begann das Verhältnis Biermann-Frau Hagen immer enger zu werden. Er wohnte fast ständig in der Zelterstrasse und führte Frau Hagen in den folgenden Monaten in seinen Kreis ein. So lernte sie Prof. Havemann kennen, und zwischen der jüngsten Tochter Havemanns und meiner Tochter begann ein kindlich-freundschaftliches Verhältnis. Im Sommer 1964 traf man sich oft in Grünheide, wo Prof. Havemann ein Haus hat. Dort waren auch gelegentlich Manfred Krug, der Maler ...... und andere Personen, die ich nicht kenne.
In dieser Zeit verstärkte sich Havemanns Einfluss auf Biermann. Die Folge: Biermanns Einfluss und seine politischen und künstlerischen Ansichten wurden von Frau Hagen übernommen. Meine Tochter geriet also mit 9 - 10 Jahren unter diese Einflüsse. Es ist leicht zu überprüfen, dass auch in dieser Zeit die schulischen Leistungen meiner Tochter nachliessen, dass sie im Unterricht störte und negativ auf die Klasse zu wirken begann. Die damalige Klassenlehrerin, (...) wird dies bestätigen können. Seit dieser Zeit ist meine Tochter für das Lehrerkollektiv ein schwieriges Problem. Auch Hausbesuche und Gespräche in der Schule mit Frau Hagen hatten nur kurze Wirkung. In dieser Zeit sind auch die politischen Ansichten meiner Tochter immer konfuser geworden. Vom Song Biermanns, über Ostermarschabzeichen, Hippy-Blume und dem Zeichen ›Enteignet Springer‹ war ein relativ kurzer Weg. Auch in ihrer Kleidung wurde meine Tochter Nachbild der Hippies. Jeans, schloddrige Pullover, ungepflegtes Haar gehörten zur Tagesordnung. Biermann und Frau Hagen unternahmen nichts, um Nina, die viele hübsche Kleider, Röcke, Pullis besitzt, zu vernünftiger Kleidung anzuhalten.
Im Zeitraum des 11. Plenums, wo ich beim DFF und bei der Defa staatliche Aufgaben übernehmen musste, kulminierte Biermanns Einfluss auf Frau Hagen und automatisch auch auf meine Tochter. Direkte und indirekte Lieder und Gedichte gegen die Staatsmacht der DDR entstanden damals und Biermann sang sie in Gegenwart meiner Tochter in der Wohnung und in Grünheide. Auch die Platten, die Biermann mit Neuß in WD. herausbrachte, wurden häufig gespielt. Im Zusammenhang mit dem Film ›Spur der Steine‹ entwickelte sich Biermann zum Märtyrer.
Er hatte für den Vorspann des Filmes Musik und Texte gemacht. Sie wurden vor der Aufführung herausgenommen und neu, von Anderen angefertigt. Die Zurückziehung des Films war Gesprächsstoff Nr.1 in der Wohnung, und meine Tochter bekam die ganze Liste der Argumente Biermanns mit. ›Was erlaubt sich das ZK, das Volk, die Zuschauer sind mündig genug um zu entscheiden, ob dieser gut und richtig ist oder nicht.‹ Ich selbst publizierte damals im ND einen Artikel, in dem ich mich rückhaltlos hinter die Beschlüsse des 11. Plenums stellte.
Natürlich geriet durch diesen Konflikt, Vater für die Beschlüsse der Partei und Biermann, Frau Hagen gegen die Beschlüsse, das Kind in eine schwierige Situation. Wem sollte es glauben? Es begann bei mir, mir Recht zu geben und zu Haus, der Mutter Recht zu geben. Der Artikel von Klaus Höpke im ND über Biermann trug ein weiteres dazu bei, dass meine Tochter in Biermann einen Menschen sah, zu dem man halten müsse.
In dieser Zeit war auch Havemann öfter bei Frau Hagen und Biermann zu Besuch. Natürlich ist Havemann für ein Kind eine starke Persönlichkeit, sie mochte Herrn Havemann, sie hatte Vertrauen und Zuneigung zu Biermann, schon weil Biermann das erste Verhältnis ihrer Mutter war, das eine bestimmte Stabilität besaß. Auch benahm sich Biermann meiner Tochter gegenüber nett, er kümmerte sich um sie, half ihr bei Schularbeiten und lehrte sie Gitarre spielen. Natürlich waren die Lieder, die er ihr beibrachte, nicht direkt staatsfeindlich, aber sie gingen in eine Richtung, die sich von denen, die sie in der Schule und Pionierorganisation lernte, stark unterschieden. Es waren fast ausschließlich amerikanische Songs, Antivietnamsongs, die sie billigte und in ihnen zu spüren glaubte, dass Biermann auf der richtigen Seite steht. Im vergangenen Sommer war meine Tochter mit ihrer Mutter und Biermann in Ückeritz bei dem Maler (...) Sie lernte dort den Nacktbadestrand kennen, wo sich die ›Künstler‹ trafen, spielten, sich sonnten und politisierten.
Als Frau Hagen im November 67 einen abermaligen Selbstmord versuchte, kümmerte sich Biermann sehr um die Mutter meiner Tochter. Dadurch wuchs die menschliche Zuneigung zu ihm noch mehr. Meine Tochter sieht ja in ihrer Mutter das Leitbild. Sie möchte auch Schauspielerin werden. (Ich möchte das übrigens nicht!) Meine Meinung ist, dass durch das erotische Verhältnis Biermann-Frau Hagen, diese in Biermanns und dessen Umgebung geriet, diese Einflüsse nicht abwehrte und bewusst oder unbewusst das Kind mit einbezog.
In den letzten Wochen tauchte in der Bekanntschaft Biermanns auch Fritz Teufel auf. Meine Tochter lernte ihn bei Besuchen bei der Bildhauerin Hunzinger kennen. Hier wurden neue Masstäbe für das Kind gesetzt. Kommune I, Mao. So war es fast selbstverständlich, dass alles was nur irgendwie opponierte, ob in WD mit dem Ostermarsch, oder Biermann, Havemann, hier, in einen Topf gerieten und das Kind die Form der Opposition auch in politisch-moralischer als die attraktivste Lebensform annahm. Ihr Geltungsbedürfnis wurde nicht gebremst, sondern unterstützt, ihre konfusen Ansichten wurden nicht paralysiert, sondern Biermann und Frau Hagen liessen sie sich in dieser Richtung festigen. Obwohl das Kind die Mutter liebt und nach Wärme bei ihr sucht, wurde sie gröblichst vernachlässigt.
Das vor wenigen Wochen eingeleitete Verfahren wegen Staatsverleumdung gegen Frau Hagen, wurde ausgiebig besprochen, meine Tochter hörte alles und stand natürlich auf der Seite der Mutter, die alles bagatellisierte. - Ich überwinde mich nur schwer zu dem Entschluss, das Kind, das die Mutter liebt, von der Mutter zu trennen, aber eine so grobe Verletzung der Sorgepflicht in moralischer und politischer Hinsicht, zwingt mich dazu, zu bitten, der Mutter das Sorgerecht zu entziehen. Da ich zur Zeit physisch und psychisch nicht fähig bin, das Kind zu mir zu nehmen, bitte ich sie in ein Internat zu bringen. Ich kenne keines das ich empfehlen kann, höchstens vom Hörensagen das des MAA, wo die Kinder unserer Diplomaten untergebracht sind ...
Ich bitte mir das Sorgerecht zu übertragen. Zu einem Zeitpunkt, da ich meine Gesundheit und Arbeitskraft wieder voll zurück gewonnen habe, werde ich sicher eine andere Lösung finden, als das Internat. Nach meiner Eheschließung im Herbst dieses Jahres und nach einer Einwilligung meiner Frau, könnte meine Tochter zu einem späteren Zeitpunkt zu mir ziehen. Aber das kann ich im Moment nicht übersehen, weil mich die Ereignisse der letzten Tage völlig aus dem Gleichgewicht gebracht haben. - Vielleicht finde ich auch eine nette Familie, in der meine Tochter leben kann. Selbstverständlich werde ich mich soviel wie es in meinen Kräften und Möglichkeiten steht, um mein Kind kümmern. Ich bitte, da ich selbst die ganze Sache den Staatsorganen übertrug, mir zu helfen, daß meine Tochter liebevoll und vom pädagogischen Standpunkt aus, so gut wie nur irgend möglich behandelt wird. Ich habe meine Eltern durch den Faschismus früh verloren, alle meine 5 Geschwister leben im Westen. Ich hänge sehr an meinem Kind. Hans Hagen

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 XX/1, Gen. Lohr                                        Berlin, 2. Mai 1968
                                                                  26/BA 19/66/887 /Rö
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Auszug aus einem GI-Bericht vom 2. Mai 1968

21.10 Uhr
Evas Mutter erkundigt sich, wie es geht. Eva übt gerade auf ihrer Gitarre. Die Mutter fragt, ob sie immer noch mit der Gitarre auftritt. Eva hat die Absicht, ihre Auftritte mit Gitarre und Gesang weiter auszubauen. Film und Fernsehen interessiert sie jetzt weniger. Viel Spaß bereitet ihr noch das Theaterspielen. Sie berichtet von ihrem Auftritt in Zwickau. Sie war am letzten Wochenende mit Wolf dort.
Wie gesagt, filmen mag sie nicht mehr so oft. Dann müßte man ihr schon eine tolle Rolle anbieten. Letztens hat sie zwei Fernsehrollen abgelehnt, obwohl sie beim Fernsehen angestellt ist. Eine Filmrolle hat sie heute ebenfalls abgelehnt, da es großer Mist war.
Beim Fernsehen möchte sie am liebsten kündigen.
Überall, wo sie hinkommt, sagen die Leute:
Ach, d a s haben sie gespielt. Es sind dann diese oberflächlichen leichtsinnigen Menschendarstellungen in den verschiedenen Stücken gemeint.
Die Leute denken dann, daß sie in ihrem Leben auch so sei und das möchte sie nicht.
Eva möchte gute Rollen spielen. Sie erinnert sich an ihre Rolle im Schlüter-Film, die sie sehr gut fand.
In Berlin hat sie noch keine Arbeit an einem Theater gefunden. Sie hat nicht so viel Kraft, um sich mit ihren Ellenbogen in dieser Sache durchzusetzen. Trotzdem spielt sie an den Bühnen der DDR-Theater sehr gern.
Nächstes Jahr will Eva eine Freundin mit dem Namen Karla, die Erzieherin in einem Lehrlingswohnheim ist, für ein Jahr zu sich nehmen. Die Karla soll sich dann um Nina kümmern.
F. d. R. d. A. : R....

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HA XX/1, Gen. Lohr                                       Berlin, 3. Mai 1968
                                                         26/BA/19/66/ 888/Ho
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Auszug aus einem GI-Bericht vom 3. Mai 1968
 
9.29 Uhr
Eva-Maria H a g e n versprach Rolf Z i m m e r m a n n , daß sie in Dessau wegen seines Stückes einmal mit dem Oberspielleiter Peter  B....  sprechen wird. Beim letzten Male waren dieser und der Chefdramaturg nicht anwesend. Sie schätzte ein, daß das dort alles nette Leute seien. Rolf Z. erwähnte, daß sein Stück am 12. Mai in Halle Premiere hat und daß dort bis jetzt alles gut läuft. Rolf Z... hat an dem Stück zusammen mit Eidam gearbeitet.
Eva-Maria Hagen berichtet, daß sie jetzt auch die "Lady" in Zwickau spielt. Sie versicherte, daß ihr die Rolle sehr gut gefällt. Rolf Z. will sie sich einmal in Dessau ansehen.
 
10.54 Uhr
Eva-Maria Hagen teilte Herrn J e r i n g vom DFF-DEFA mit, daß sie die Rolle der Dorett in dem dreiteiligen Fernsehfilm "Die Stunde des Skorpion" aus künstlerischen Erwägungen heraus ablehnt. Sie schätzte ein, daß das eine Rolle für eine Kleindarstellerin sei und daß das für sie eine künstlerische Herabsetzung sei. Sie würde gern beim Fernsehfunk wieder eine Aufgabe übernehmen, aber diese Rolle könne sie nicht annehmen. Sie müßten dann eben den Vertrag kündigen. Herr Jering meinte, daß die Rolle ausbaufähig sei, und sagte eine Prüfung bzw. nochmalige Beratung zu.
 
10.20 Uhr
Manfred  K ö c k (!) (o.ä.) von der Akademie vereinbarte mit Eva-Maria Hagen, daß er gegen 15.00 Uhr heute zu ihr kommt. Er versprach ihr, daß er sie anschließend mit dem Wagen zum Zug nach Sangershausen bringen wird.
 F.d.R.d.A.: H...

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HA XX/1 - Gen. Lohr                                     Berlin, 19. Mai 1968
                                                                      26/B/19/66/ 772/RI

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Auszug aus einem GI-Bericht vom 17. Mai 1968
 
12.10 Uhr
Eva-Maria H. trug einem Herrn Gedichte vor.
Anschließend sprachen sie über Rudi  D u t s c h k e. Eva sagte, daß jemand bei ihm gewesen sei, und dieser habe ihr alles erzählt. Sie erklärte, Dutschkes Vater, der ja aus der DDR ist, fahre immer rüber. Dutschke ginge es jetzt besser. Mit seinem Gehirn sei aber noch etwas. Einfache Zusammenhänge könne er schon erkennen, aber bei kleinen komplizierten Sachen -.
Der Herr sagte, daß sie das telefonisch machen könnten. Eva brauche bloß am Telefon zu sagen: "Ja, Dienstag oder Mittwoch". Er komme dann noch mal her und würde gleich noch ein Band anhören.
Der Herr berichtet von alten Genossen.
Beim Abschied fragt der Herr Eva, ob er alle beide mitnehmen könne, was sie bejahte. Er wies Eva darauf hin, daß außer Dienstag jeder Tag in Frage käme, und er (gemeint ist eine andere Person) möchte -.
Die Unterhaltung fand per "du" statt.
F.d.R.d.A.: ...........

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HA XX/1, Gen. Lohr

Berlin, 22. Mai 1968
26/B/19/66/773 Ri
Vertrauliche Dienstsache

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Auszug aus einem GI-Bericht vom 22. Mai 1968

14.00 - 15.20 Uhr
Eva-Maria H. unterhielt sich mit einer Dame und einem Herrn.

Der Herr bemerkte, daß die gerne auf Kommune machen würden. Die sollten mal zu uns kommen, denen würde das dann schon vergehen. Eva meinte, daß die Kommune nichts gegen das System machen wolle. Die würden etwas ganz anderes wollen. Die hätten eine ganz andere Ausgangsbasis. Der Herr sagte, daß man sich das nicht vorstellen könne. Eva fand, daß es doch schon schöne Ansätze gebe, daß sich die Arbeiter mit den Studenten verbinden und gemeinsame Programme machen. Sie sprach von Warnstreiks und vom Generalstreik. Das sei aber kompliziert. In der Tschechoslowakei hätten die Studenten schon ganz schön -.
Der Herr bemerkte, daß das kein Fakt sei, der wirke. Der Herr hatte den Eindruck, "als würden wir mal wieder 'Heil' wollen, als würden wir gerne mal wieder nach Prag ziehen". Eva sagte, daß vor Jahren doch eine Sache gewesen sei mit dem Korella, da habe sich doch die CSSR offiziell beschwert. Die Dame erwähnte Kafka, worauf Eva erwiderte, daß das später gewesen sei.
F.d.R.d.A.: ........................

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Berlin, 23. Mai 1968
26/BA/19/66/859/Fin

Vertrauliche Dienstsache!

Informationsbericht

Auszug aus einem GI-Bericht vom 23. Mai 1968

09.02 Uhr
Eva-Maria H. teilt Wolf Biermann mit, daß sie ziemlich depremiert ist. Sie möchte alles absagen. Sie ist überhaupt nicht auf dem Posten. Sie möchte die heutige Vorstellung und die anderen Veranstaltungen absagen. Sie will zum Arzt gehen, um sich krankschreiben zu lassen. Wolf fragt, ob sie sich das leisten kann. Sie bejaht. Er fragt, ob sie nicht laufen kann. Sie meint, daß sie ziemlich schwach ist. Sie kann diese Fahrt nicht unternehmen. Sie bittet Wolf, daß er freundlicher zu ihr ist, dann geht es ihr auch besser. Wolf bemerkt, daß sie ja wissen muß, was wichtiger ist. Sein Auto steht ihr noch weiterhin zur Verfügung. Vielleicht überlegt sie sich das noch anders. Die warten dort auf Eva. Es wird sich herumsprechen, daß sie andauernd nicht zu ihren Veranstaltungen kommt. Er empfiehlt ihr, sich noch ein bißchen zu erholen. Vielleicht kann sie dann doch noch fahren.

12.20 Uhr
Eva-Maria H. teilt Wolf Biermann mit, daß sie eine Menge Sachen hat. Sie vereinbaren, daß er sie abholt. Sie bringt ihn dann wieder zurück.
F.d.R.d.A.:

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XX/1 - Gen. Lohr Berlin, 27. Mai 1968
26/B/A/19/66/893/Höf
Vertrauliche Dienstsache
Informationsbericht

Auszug aus einem GI-Bericht vom 27.5.1968

11.00 Uhr
Unterhaltung zwischen Eva und Wolf B.. Da Eva ein paar freie Tage hat, möchte sie an die Ostsee fahren. Wolf erwidert, daß sie noch heute mit Otto beraten, der gerade in seiner Wohnung ist. Eva wird sofort in die Chausseestraße fahren.

11.05 Uhr
Unterhaltung zwischen Eva und Frau Klein, Abt. Wohnungswesen beim Rat des Stadtbezirks Mitte. Eva sagt, sie ist nach wie vor an der Wohnung in Stadt Mitte interessiert. Frau Klein entgegnet, sobald sie Neubauwohnungen von Pankow erhalten hat, bekommt die Familie eine 3-Zimmer-Wohnung und dann kann Eva diese Wohnung bekommen.
F.d.R.d.A. Höfer

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XX/1, Gen. Lohr Berlin, 19. Juni 1968
26/BA 19/66/899/Rö
Vertrauliche Dienstsache
Informationsbericht

Auszug aus einem GI-Bericht vom 19. Juni 1968

10.25 Uhr
Eva Hagen bestellt bei Frau Grafenstein (Progress-Filmvertrieb) 500 Starpostkarten. Sie betont, daß sie zur Zeit ca. 1000 Briefe beantworten müßte. Die überwiegende Mehrzahl der Briefschreiber wohnen in der CSSR. Wie Eva meint, müssen die dort irgend etwas von ihr populär gemacht haben.

11.55 Uhr
Eva hat am Sonnabend einen Auftritt (organisiert von der KGD Schwerin) in Schwerin. Herr Bonsack (o.ä.) von der dortigen KGD möchte unbedingt die Texte ihrer Lieder lesen. Eva findet das merkwürdig. Sie gibt ihm die Texte der Lieder: "Schäferlied", "Schatz geh nach Haus", "Der alte Trinker". Dazu kommen noch ein plattdeutsches und Berliner Lied.
Das plattdeutsche Lied wird sie den Pastor Kleinschmidt vorsingen, bei dem sie wohnen wird.
Eva bemerkt abschließend, daß viele ihrer Lieder bereits von Radio DDR aufgenommen wurden.
F.d.R.d.A.: Röbisch

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Berlin, 21. Juni 1968
26/BA/19/66/900/Oe
Vertrauliche Dienstsache
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Auszug aus einem GI-Bericht vom 21. Juni 1968

15.30 Uhr
Frau H. vereinbart mit der Möbeltransportfirma Hoffmann den Umzug von Frau H.. Am Montag, den 24. Juni kommt ein Packer zu Frau H., der alles in Kisten verstaut. Am Mittwoch erfolgt dann der Umzug in die Wilhelm-Pieck-Straße.

17.50 Uhr
Frau H. spricht mit Herrn Bonsack von der Konzert- und Gastspieldirektion Schwerin. Frau H. hat ein Telegramm bekommen, in dem ihr mitgeteilt wurde, daß ihre Lieder nicht zu dieser Veranstaltung passen. Es sind bei der Veranstaltung viele Jugendliche von zwölf Jahren. Frau H. soll trotzdem kommen, sie kann doch noch mehr Sachen spielen. Wenn Frau H. morgen um 16.00 Uhr in Schwerin ist, kann sie ein paar Titel vorspielen, und man wird sich dann einige aussuchen, die Frau H. dann bringen kann. Frau H. ist damit einverstanden. Wenn man sich mit Frau H. trotzdem nicht einig wird, macht Frau H. Herrn Bonsack darauf aufmerksam, daß der Vertrag volle Gültigkeit behält.

18.00 Uhr
Frau H. teilt Wolf Biermann mit, daß sie morgen unter den veränderten Bedingungen nach Schwerin fährt. Wolf fragt, ob sie das überhaupt nötig hat. Frau H. hat es nötig, es sind immerhin 400 Mark. Sie braucht jetzt unbedingt noch für den Umzug und die Ferien Geld. Wolf findet das übertrieben gesagt. Frau H. verneint das, sie sagt, daß sie das andere für das Auto aufheben muß. Und das andere ist auf einem Sperrkonto, davon kann sie nichts nehmen. Wolf berichtet, der Alex hat angerufen. Frau H. weiß Bescheid, Alex wollte, wenn Frau H. am 29. nach Eisenhüttenstadt fährt, daß Frau H. auf den Weg etwas mitnimmt. Sie soll 250 Mark dafür bekommen. Frau H. hat das abgelehnt.

18.15 Uhr
Frau H. spricht mit Frau Simnowski. Sie teilt ihr mit, daß sie am Mittwoch umziehen wird. Bei Frau Simnowski wird es erst am Freitag. Sie macht zwei große Zimmer frei, daß Frau H. bis zum Freitag wenigstens zwei Zimmer hat. Frau H. sagt, Herr Simnowski soll das Telefon vorläufig nicht umschreiben lassen, Frau H. will das übernehmen. Frau H. soll Frau S. am Mittwoch anrufen wenn Frau H. mit dem Möbelwagen kommt. Dann kommt Frau S. von der Arbeitsstelle und Frau H. kann in die Wohnung.

18.35 Uhr
Herr Kleinschmidt will mit Frau H. morgen nach Schwerin fahren. Herr K. soll zwischen 11.00 und 12.00 Uhr bei Lotte (?) sein, Frau W. nimmt ihn dann in den Wagen. Herr K. bedankt sich bei Frau H.

18.45 Uhr
Frau H. fragt bei einer Dame nach, ober Herr Jurek bei ihr wohnt. Die Dame kennt diesen Herrn nicht. Frau H. sagt, der Herr soll zur Untermiete dort gewohnt haben. Er ist nämlich Maler und Frau H. sucht einen Maler, der ihre Wohnung malt. Die Dame kann Frau H. nicht helfen, weil sie den Herrn Jurek nicht kennt.
F.d.R.d.A. .......................


HA XX/1, Gen. Lohr Berlin, 25. Juni 1968
26/BA/19/66/901/Ed
Vertrauliche Dienstsache
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Auszug aus einem GI-Bericht vom 24. Juni 1968, 13.50 Uhr

Eva-Maria H. erzählte Gisela ......, daß sie am Mittwoch umzieht. Zur Zeit ist sie beim Packen. Eva benötigt nun dringend einen Maler. Gisela möchte Eva beim Umzug gern behilflich sein, aber zur Zeit ist es ihr leider nicht möglich.
Sie sprachen über den Urlaub. Gisela möchte evtl. im August mal für ein paar Tage nach Hiddensee fahren. Sie frage, was Eva im August macht. Wie Eva ihr sagte, beginnen bei ihr im August ja schon wieder die Proben. Aber Anfang August wollte Eva auch noch an der Ostsee sein.
Beide Damen vereinbarten, daß Gisela am Freitag zu Eva kommt. Eva machte sie darauf aufmerksam, daß sie aber dann nicht mehr in ihrer alten Wohnung ist. Sie muß sich dann beim W o l f melden.
F.d.R.d.A.: ........

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HA XX/1, Gen. Lohr                                        Berlin, 15. Juli 1968
                                                                       26/BA 19/66/ 905/Rö                  

Vertrauliche Dienstsache
 
Informationsbericht
 
Auszug aus einem GI-Bericht vom 14. Juli 1968
 
nach 23.00 Uhr
Eva-Maria Hagen meldet sich bei Wolf Biermann. Er möchte gern zu ihr kommen. Sie hat Angst, ihn zu sehen. Sie fühlt sich nicht stark genug. Sie war in den letzten Tagen sehr unglücklich und sehr allein.
Eva möchte noch abwarten, ob es klappt (ihre Bulgarienreise). Wenn es nicht der Fall sein sollte, dann möchte sie Wolf bitten, daß sie mit Nina wenigstens 14 Tage an die Ostsee fahren kann. Sie meint, daß der August ja noch frei sei und er könnte mit Manuel in dieser Zeit an die Ostsee fahren. Sie benötigt unbedingt einige Tage der Erholung. Sie wird von Tag zu Tag nervöser und ist bald am Ende. Wolf rät ihr unbedingt die Zeit zu nutzen, um an die Ostsee zu reisen.
Falls Eva den Auslandsplatz nicht bekommt, würde sie am Dienstag an die See fahren. Am 10. August beginnen wieder die Proben für sie.
Sie berichtet weiter, daß der  M a t h i a s   und der Peter G r a f bei ihr waren.   E r   (?) wollte ja Wolf am Donnerstag besuchen. Sie teilte es Wolf bereits mit.
 
In der Tschechoslowakei sei auch wieder ganz schön was los, erklärt sie. Wolf möchte wissen, was dort los sei. Sie mag jetzt nicht darüber sprechen, sie hat keine Lust. Er soll doch die Nachrichten hören. Er wiederholt noch einmal seine Frage, was dort los sei. Eva wirft ihm vor, daß er sie nicht so anfahren soll. Sie sei wieder am Rande -. Wenn er sie ein bißchen scharf anspricht, dann fängt sie gleich an zu heulen. Mit schluchzender Stimme sagt sie, daß sie nicht mehr kann. Sie sei nahe einem Nervenzusammenbruchs.

F.d.R.d.A.: Röbisch

IM-Bericht: (7/8 1968)

In der Zeit vom 19. 7. bis 4. 8. 1968 weilten Biermann, dessen Sohn sowie die Schauspielerin Eva-Maria Hagen und deren Tochter Nina bei dem freischaffenden Künstler Manigk in Ückeritz, Waldstr. 26. Die gesamten Personen kamen mit dem PKW des Biermann, VW IB 80-83 und dem PKW der Hagen ›Wartburg‹ IS 41-34. Mit diesen Fahrzeugen wurden wechselhaft Fahrten innerhalb und außerhalb des Ortes Ückeritz unternommen. Diese Fahrten wurden häufig sehr früh angetreten und endeten meistens in den späten Abendstunden. Das Reiseziel war vorwiegend der FKK-Strand zwischen Zempin u. Koserow. An diesem FKK-Strand halten sich während der Sommermonate eine Vielzahl von Kunst- und Geistesschaffenden auf, die z. T. dort Wochenendhäuser besitzen. Während des Aufenthaltes von Biermann-Hagen in Ückeritz konnte festgestellt werden, daß beide Personen laufend bei dem Kunstmalerehepaar (...) auf den Frequenzen 1400 und 1500 Khz den Sender Prag in deutscher Sprache abhörten.
Als Hagen am 1. 8. 68 kam, hörte die KP, wie die H. enttäuscht äußerte, daß die Tschechen mit den Russen zusammengesessen hätten und alles zum Positiven verlaufen wäre. Die Art ihrer Äußerung läßt erkennen, daß sie offensichtlich erhofft hatte, daß die CSSR-Regierung sich mit der SU nicht einig würde.
Festgestellt werden konnte auch, daß Biermann mit dem Autosuper VW den Sender Prag u. a. westliche Sender abhörte. Während eines Einkaufs in Ückeritz stellte B. seinen PKW vor einem Geschäft ab, ließ aber das Radio in voller Lautstärke die Nachrichten des Senders Prag verbreiten.

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Aus einem GI-Bericht vom 21. August 1968 -17.36

Frank Havemann erkundigt sich bei Eva-Maria H., ob sie weiß, wo Wolf B. ist. Eva verneint, erklärt, sie sei extra nach Berlin gekommen, sie wisse es nicht. Darauf fragt Frank, ob sie wisse, wo sein Vater sei. Eva berichtet, daß sie heute morgen mit Herrn Havemann telefonierte. H. konnte ihr nicht sagen, wo Wolf war. Sie telefonierte mit allen möglichen Leuten deswegen. Darauf brach sie ihre Probe in Dessau ab und kam her (...) Frank erklärt, Billy und er suchen beide. Als Frank fragt, was man machen könne, erzählt Eva, daß sie ein Gespräch zur Emmy angemeldet hat. Er meint, daß man evtl. irgendwelche Stellen anrufen könnte. Eva erklärt, daß man das nicht machen könne, das wär ganz unmöglich.

17.51 - Als Utz Havemann sich bei Eva H. meldet, erklärt sie ihm, daß sie nichts wisse - der Frank habe auch schon mit ihr gesprochen. Auf seine Frage, ob sie es noch irgendwo probiert habe, erwidert Eva, sie habe es überall schon probiert. Eva meint, man müsse abwarten. Sie hat versucht Emmy zu erreichen.

18.30 - Auf Fragen von Utz H. erklärt Nina, sie wisse nicht, wo ihre Mutter ist. Eva ist weggefahren, hat nicht gesagt, wo hin und wann sie wiederkommt.

18.40 - Eva H. erkundigt sich bei ihrer Tochter Nina, ob sich jemand nach ihr erkundigte. Nina erzählt, daß Utz sie sprechen wollte. Auf Ninas Frage sagt Eva, sie sei bei Hussels, ›er‹ sei jedoch nicht da. Nina erinnert ihre Mutter daran, daß sie sich nachher noch umsehen müssen, wo sie, Nina, bleiben kann.

20.25 - Robert Havemann erkundigt sich bei Nina Hagen, ob sie nicht einmal ihre Mutter, Eva-Maria Hagen, die bei Hussels ist, anrufen kann. Havemann meint, Eva Hagen könne mal bei Peter Huchel anrufen, vielleicht ist ›er‹ dort. Nina erwidert, Eva habe schon angerufen. Ungläubig fragt Havemann, ob Eva bei Huchel in Potsdam angerufen habe. Nina erklärt, daß Eva bei Huchel in Michendorf angerufen habe, Wolf ist dort nicht. Havemann hält für möglich, daß ›er‹ aber inzwischen dort ist. Wolf wird dann aber auch zu Hause anrufen. Er fragt, ob Wolf weiß, daß Eva und Nina da sind. Nina erklärt, daß sie früh anriefen - wenn Wolf dort wäre, wüßte er es ja. Havemann vermutet, daß Eva von Dessau aus angerufen hat, was Nina bejaht. Nina wird sich mit ihrer Mutter in Verbindung setzen, ihr zu sagen, daß Havemann mit ihr sprechen möchte.

20.30 - Eva-Maria H. teilt Robert H. mit, daß Sybille und Frank ihn wie eine Stecknadel suchen. Er fragt, ob Eva weiß, wo die sind. Eva erklärt, daß sie vor ca. 20 bis 30 Minuten mit ihnen zusammen war. Sie wollten nach Hause gehen. Eva setzt hinzu, daß Frank mit der E r i da war. Sie haben sich große Sorgen gemacht. Havemann fragt, ob Eva es schon bei Peter Huchel probiert hat. Eva bejaht - heut morgen. Havemann meint, daß Wolf doch sicher nicht wissen wird, daß Eva in Berlin ist. Aus dem Grunde wird er gar nicht erst versuchen, anzurufen. Darauf sagt Eva, sie glaube nicht, daß Wolf bei Huchel ist - es war auch schon gegen Mittag, als sie dort anrief. Havemann hält trotzdem für möglich, daß Wolf inzwischen hingefahren ist. Eva will es nochmal versuchen. Sie hat bei allen anderen angerufen, bei denen Wolf sein könnte.

20.40 - Eva-Maria H. teilt Fr. R., ihrer Putzfrau mit, daß sie für einen Tag in Berlin ist. Eva möchte wissen, ob Nina bis zum Schulanfang bei ihr sein kann ...

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Aus einem GI-Bericht vom 25. August 1968 - 11.35 Uhr

Eva-Maria H. erkundigte sich bei Robert Havemann, wie es ihm geht. Havemann wollte von ihr wissen, ob sie eine Nachricht hat. Sie bejahte die Frage, sagte, daß Wolf bißchen weggefahren ist, er schrieb Eva eine Karte. Es geht ihm gut. Robert findet, daß das beruhigend ist. Er stellte an Eva die Frage, wann sie zu ihm rauskommt. Eva erklärt, daß sie Proben hat. Sie ist nur hin und wieder nach Berlin gekommen, um nach Post zu gucken. Wolf schreibt, daß es ihm gut geht. Er wollt auch mal Freunde in Dresden besuchen ...
Vielleicht wird er die Sache mit dem Häuschen da erledigen, er hat jetzt sowieso keine Ruhe. Eva versprach, sobald sie Zeit hat bei Robert vorbeizukommen. Eva sagte, daß der Paris so komische Sachen umher erzählt, daß Wolf einen Unfall gehabt hätte. Daraufhin fragte Robert nochmals, ob alles in Ordnung ist. Sie bejahte das.

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Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Rostock, Abteilung XX/1

Rostock, den 11.9.1968
Bericht – über das Auftreten Wolf Biermann`s in der Zeit vom 19.7.1968 bis 4.6.1968 im Kreis Wolgast

In der Zeit vom 19.7.1968 bis 4.8.1968 weilten der Lyriker Wolf Biermann, dessen Sohn sowie die Schauspielerin Eva-Maria Hagen und deren Tochter Nina Hagen bei dem freischaffenden Kunstmaler Otto Manigk un Ückeritz, Waldstr. 26. Untergebracht waren sie während dieser Zeit im Fremdenzimmer des M., welches sich über seinem Atelier befindet. Die Wohnung des M. selbst befindet sich im Nebenhaus.
Die gesamten Personen kamen mit dem PKW des Biermann VW IB 80-83 und dem PKW der Hagen, Wartburg IB 41-34. Mit diesen Fahrzeugen wurden wechselhaft Fahrten innerhalb und außerhalb des Ortes Ückeritz unternommen. Diese Fahrten wurden häufig sehr früh angetreten und endeten meistens in den späten Abendstunden. Das Reiseziel war vorwiegend der FKK-Strand zwischen Zempin und Koserow.
An diesem FKK-Strand halten sich währen der Sommermonate eine Vielzahl von Kunst- und Geistesschaffenden auf, die z. T. dort Wochenendhäuser besitzen. Welche Personen sich im Einzelnen dort aufhielten zu dieser Zeit und ob Zusammenkünfte mit Wolf Biermann stattfanden, konnte nicht in Erfahrung gebracht werden.
Während des Aufenthaltes von Biermann und Hagen in Ückeritz konnte festgestellt werden, daß beide Personen laufend bei dem Kunstmalerehepaar Kandt, Manfred und Susanne, auf den Frequenzen 1400 bis 1500 Khz den Sender Prag in deutscher Sprache abhörten.
Als Hagen am 1.8.1968 von Kandt kam, hörte die KP, wie die Hagen enttäuscht äußerte, daß die Tschechen mit den Russen zusammengesessen hätten und alles zum Positiven verlaufen. wäre.
(Die Art ihrer Äußerung läßt erkennen, daß sie offensichtlich erhofft hatte, daß die CSSR-Regierung sich mit der Sowjetunion nicht einig würden.)
Festgestellt werden konnte auch, daß Biermann mit dem Autosuper VW den Sender Prag und andere westliche Sender abhörte. Während eines Einkaufs in Ückeritz stellte B. seinen PKW vor einem Geschäft ab, ließ aber das Radio in voller Lautstärke die Nachrichten des Senders Prag verbreiten.
In der Zeit vom 31.7.1968 bis 2.8.1968 erhielt Biermann Besuch durch zwei jugendliche Personen, die während dieser Zeit bei dem freischaffenden Kunstmaler Matthias Wegehaupt und Manfred Kandt übernachteten. Die Namen und nähere Angaben zu den Personen konnten nicht ermittelt werden.


Am 1.8.1968 erhielt Hagen Besuch von dem Arzt Seiboth, Hans Dieter, geb. am 24.5.1940, wohnh.: Greifswald, Erich-Weinert-Str. 13, PKW Forth AB 85-49.
Dieser gab an, bei der Hagen angemeldet zu sein. Im PKW des S. befanden sich 3 weitere Personen. Eine dieser Personen war vermutlich Angehöriger der Volksmarine, da im PKW eine Uniformmütze der Volksmarine festgestellt wurde.
Organisierte Zusammenkünfte des Biermann wurden während der Zeit seines Aufenthaltes in Ückeritz nicht festgestellt. Reaktionen von seiten der Bevölkerung und Künstler des Kreises Wolgast und des Bezirkes Rostock, die auf die Anwesenheit des B. schließen lassen, wurden nicht bekannt.
Während der Zeit ihres Aufenthaltes bemühte sich die Hagen im Kreis Wolgast um ein Grundstück für ein Wochenendhaus und die Genehmigung um den Bau desselben. Hierzu verhandelte sie bei den Räten der Gemeinden Balm/Neppermin und Neuendorf. Als sie diese Genehmigung nicht erhielt, nahm sie Kontakt zu dem Rentner Dannenfeld, Albert, geb. am 20.1.1899 in Zecherin in Lütow-Neuendorf auf, der dort ein Haus verwaltet. Mit diesen verhandelte sie, die Renovierung des Hauses auf ihre Kosten mit der Zusicherung, daß für sie zu jeder Zeit ein Zimmer freigehalten wird.
Das Haus liegt in der Nähe des Wochenendhauses des Schauspielers Wolf Kaiser. Dieser hat sich beim Rat der Gemeinde Neuendorf auch dafür eingesetzt, daß die Hagen in seiner Nähe ein Grundstück erhält.
Hagemann, Unterleutnant

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Aus einem GI-Bericht vom 7. Okt. 1968 -15.00 Uhr

Gisela Schröder gratulierte Nina Hagen zum Tag der Republik. Nina erzählte, daß sie im BE war. Dort hat ihr das Stück, ›Die Tage der Kommune‹, in der Inszenierung ganz gut gefallen. Gisela erwidert ... man sieht so viel über rote Fahnen, da kann man gar nicht glauben, daß das von Brecht ist. Nina berichtete, daß sie auch ein schönes Plakat von Wolf Biermann hat. Da stehen ein paar Lieder drauf ... Nina sagte, daß sie jetzt im Jugendverband (FDJ) ist. Sybille Havemann will nun auch eintreten. Nina meinte, daß das besser sei, wenn man in der FDJ ist. Da kann man doch viel mehr machen, als wenn man nicht drinne ist. Wenn man in der FDJ ist, kann man seine Meinung viel besser anbringen. Genauso verhält es sich auch mit der Partei. Doch Gisela sagte, daß das in der Partei ein wenig schwieriger ist. Sie könnt ja eintreten, aber das ist – Gisela brach dann ab und meinte, daß sie sich mit Nina darüber ein andermal unterhalten möchte. Nina entgegnete, daß sie schon gerne später einmal in die Partei eintreten würde.

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Aus einem IM-Bericht vom 15. 10. 1968 - 16.07

Herr Robert Havemann informiert Eva-Maria H. und Herrn Wolf B., daß heute in beiden Wohnungen Hausdurchsuchungen stattfanden. Die Leute seien gerade gegangen. Er wollte das Wolf nur schnell sagen. Weiter sagt Herr H., sie hätten wieder eine ganze Menge Sachen - auch von Wolf - mitgenommen - alles, was einigermaßen gut und teuer ist. Herr H. äußert den Wunsch, bei Wolf vorbeizukommen. Wolf B. erwidert, dann würden sie sicher auch bald zu ihm kommen. Herr H. entgegnet, damit müßte Wolf rechnen. Herr Robert H. schlägt vor, daß sie sich in Wolfs Wohnung treffen. Er fährt sofort los.

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HA XX/1 Gen. Lohr                                    Berlin, 5. Dez. 1968
                                                                 26/BA/19/66/1006/Ko
 
Vertrauliche Dienstsache

Informationsbericht

Auszug aus einem IM-Bericht vom 4. Dez. 1968
 
16.36 Uhr
Eine Dame von der Konzert- und Gastspieldirektion Karl-Marx-Stadt vereinbarte mit Eva Hagen für den 7. Dez. 1968 einen Auftritt im Kulturhaus " 8. Mai " in Karl-Marx-Stadt. Beginn der Veranstaltung ist 19.00 Uhr. Es ist ein Betriebsvergnügen vom VEB Energieversorgung.
Eva Hagen vereinbarte mit der Dame eine Gage von 500 Mark und außerdem Kilometergeld, weil Eva H. mit dem eigenen Wagen kommt. Eva H. soll 4 Titel singen.
  F. d. R. d. A. : Kor....
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